Cybercrime

Die Welt der Computerkriminalität

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Großer Bitcoin-Geldwäschering zerschlagen

Nach Mitteilung der niederländischen Staatsanwaltschaften, sowie nach Berichten des De Telegraaf und www.heise.de, haben niederländische Ermittler einen großen Geldwäschering ausgehoben, der mit der Krypto-Währung Bitcoins operierte. Die beteiligten Ermittlungsbehörden gegen derzeit davon aus, dass es sich bei den gewaschenen Bitcoins um Gewinne aus Geschäften auf den Handelsplätzen im sog. Darknet handelt.

(Quelle: http://www.heise.de/security/meldung/Niederlaendische-Polizei-zerschlaegt-Bitcoin-Geldwaeschering-3079799.html?wt_mc=nl.heisec-summary.2016-01-25)

Diese Online-Handelsbörsen (z.B. die vom FBI ausgehobene Handelsplattform „silk road„) sind nur durch die Nutzung einer Anonymisierungssoftware zur Verschleierung der IP-Adresse zu erreichen  (das bekannteste Beispiel ist die TOR-Software, https://www.torproject.org). Auf ihnen werden neben legalen Gütern vornehmlich auch illegale Waren wie Waffen, gefälschte Kreditkarten, gestohlene Identitäten etc. gehandelt. Um auch eine Rückverfolgung des Geldflusses zu erschweren, ist die Bezahlung in Bitcoins üblich. Im Bitcoin-Netzwerk exisitert nämlich keine zentrale, verwaltende Stelle (wie eine Bank), an die sich Ermittlungsbehörden wenden könnten und die Nutzer können sich beliebig viele pseudonyme „Konten“ (öffentliche Schlüssel) selbst generieren. Die Nutzung von sog. Mixing-Services, die Bitcoins verschiedener Nutzer „einsammeln“ und diesen in zufälliger Verteilung zurück überweisen, erschwert zusätzlich die eigentlich durch die öffentlich einsehbare Transaktionsliste (Blockchain) gegebene Rückverfolgbarkeit der Geldströme im Netzwerk. Traditionelle Fahndungsmaßnahmen stoßen daher schnell an ihre Grenzen.

Siehe hierzu: Safferling/Rückert, Telekommunikationsüberwachung bei Bitcoins, MMR 2015, 788.

Problematischer gestaltet sich der Umtausch in Realwährungen, da dieser bislang vornehmlich über offizielle Bitcoin-Börsen (wie zum Beipiel Bitcoin Deutschland AG, https://www.bitcoin.de) vorgenommen werden kann, die aber zumeist ein KYC-System (Know your customer, also eine Identifikation der Geschäftspartner) verwenden und mit den Behörden kooperieren. An dieser Stelle setzen nun Geldwäscheringe, wie der von der niederländischen Polizei zerschlagene, an. Sie bieten eine Verschleierung der Herkunft der Gewinne und einen Umtausch in Realwährung an. Materiell-strafrechtlich ist dabei vor allem fraglich, ob virtuelle Kryptowährungen – die weder Sache noch Recht sind – unter den Begriff des „Gegenstandes“ in § 261 StGB zu fassen sind.

Da virtuelle Krypto-Währungen aufgrund ihrer Pseudonymität und ihrer weltweiten Verfügbarkeit für kriminelle Aktivitäten mit steigender Verbreitung immer attraktiver werden, ist eine intensive Beschäftigung der Ermittlungsbehörden, der Justiz und der Strafrechtswissenschaft zur Entwicklung neuer Strategien notwendig. Der Lehrstuhl für Strafrecht, Strafprozessrecht, Internationales Strafrecht und Völkerrecht der FAU beteiligt sich daher an dem, vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderten, Forschungsprojekt BITCRIME, dass sich mit der Verfolgung und Prävention organisierter Finanzkriminalität im Zusammenhang mit virtuellen Währungen beschäftigt.

Gemeinsame Cyber-Ermittlungen von britischem Geheimdienst und Polizeibehörden

Der britische Geheimdienst GCHQ und die National Crime Agency (entspricht in etwa dem bundesdeutschen BKA) haben eine gemeinsame Ermittlungseinheit zur Aufklärung von Straftaten im sog. Darknet gebildet (gemeint war hier wohl Deep Web und Darknet, siehe sogleich). Erklärtes Ziel ist vor allem eine Erhöhung der Aufklärungsquote im Bereich des sexuellen Kindesmissbrauchs im Internet. Dabei soll die neue Ermittlungseinheit vor allem kriminelle  Nutzer des sog. Darknet ins Visier nehmen. (Quelle: http://www.heise.de/security/meldung/Grossbritannien-Geheimdienst-und-Polizei-jagen-Verbrecher-im-Dark-Web-2916413.html?wt_mc=nl.heisec-summary.2015-11-12 (externer Link))

Beim sog. Deep Web handelt es sich um Teile des Internets, die von Standardsuchmaschinen nicht indexiert werden und damit nicht durch einen normalen Suchvorgang aufgefunden werden können. Der Zugang zu sog. Darknetseiten ist auf Nutzer beschränkt, die bestimmte Anonymisierungssoftware verwenden, um ihre Identität zu verschleiern. Auch wenn Seiten im Darknet keineswegs nur zu kriminellen Zwecken unterhalten und besucht werden, stellt die Anonymität natürlich eine willkommene Gelegenheit für kriminelle Umtriebe dar. (vgl. hierzu: http://www.welt.de/wirtschaft/webwelt/article145402685/Wie-komme-ich-eigentlich-ins-Darknet.html (externer Link); http://www.deutschlandradiokultur.de/was-die-suchmaschine-nicht-findet.1162.de.html?dram:article_id=182787 (externer Link))

Eine derartige Zusammenarbeit zwischen Geheimdiensten und Polizeibehörden ist in Deutschland (zu Recht) nicht vorstellbar. Sie liefe dem sog. Trennungsgebot zu wider. Darunter versteht man die organisatorische Trennung (vgl. § 1 Abs. 1 Satz 2 BNDG, § 2 Abs. 1 Satz 3 BVerfSchG) zwischen Geheimdienst und Polizeibehörden. Darüber hinaus ist auch Teil des Trennungsgebots, dass den Geheimdiensten nicht die individuellen Eingriffsbefugnisse der Polizeibehörden inne haben (vgl. § 8 Abs. 3 BVerfSchG, § 2 Abs. 3 BNDG). Der Zweck des Trennungsgebots – dessen Wichtigkeit gerade unter dem Eindruck fortschreitender Entwicklung in der Überwachungstechnik nicht unterschützt werden darf –  liegt in der Verhinderung eines umfassenden staatlichen Überwachungssystems und dient damit mittelbar der Vorbeugung faschistischer Systeme.  (Ausführlich: Nehm, NJW 2004, 3289ff.; Krauß, Beck’scher Onlinekommentar RiStBV Nr. 205 Rn 8ff.)

Die Verbesserung der Aufklärung von Straftaten im Internet rechtfertigt es nicht, einen der wichtigsten Schutzmechanismen des modernen demokratischen Rechtsstaats über Bord zu werfen. Angezeigt ist vielmehr eine Verbesserung der personellen und technischen Mittel der polizeilichen und staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsbehörden. Über die Frage, ob auch eine Erweiterung der strafprozessualen Eingriffsbefugnisse notwendig ist, sollte eine ergebnisoffene Diskussion mit Rücksicht auf die Grundrechte der Bürger geführt werden.