Menschen auf der Flucht

Fakten zu Flucht und Vertreibung auf einen Blick

Aktuelle Zahlen und Grafiken des UNHCR zur weltweiten Flüchtlings-Situation
© UNHCR/Younghee Lee
  • Rund 100 Millionen Menschen mussten in den letzten zehn Jahren fliehen, entweder innerhalb ihres Herkunftslandes oder über Landesgrenzen hinweg.
  • Seit 2010 hat sich die Zahl der Menschen auf der Flucht verdoppelt (41 Millionen im Jahr 2010 versus aktuell 79,5 Millionen).
  • 80 % aller Vertriebenen befinden sich in Regionen oder Ländern, die von akuter Ernährungsunsicherheit und von Unterernährung betroffen sind.
  • Mehr als dreiviertel aller Flüchtlinge (77 %) sind langfristig von Vertreibung betroffen, zum Beispiel aus Afghanistan müssen Menschen seit mittlerweile fünf Jahrzehnten fliehen – und können seit Jahrzehnten nicht heimkehren.
  • Zwei Drittel aller Menschen, die aus ihrem Land fliehen müssen, kommen aus nur fünf Ländern: Syrien, Venezuela, Afghanistan, Südsudan und Myanmar.

Quelle: https://www.unhcr.org/dach/de/46921-dramatischer-anstieg-weltweit-rekordwert-bei-menschen-auf-der-flucht.html

Geschichte

Seit 1953 wurden in Deutschland bereits ca. 5,9 Millionen Asylanträge gestellt. Davon 5 Millionen seit 1990.
2016 wurde mit 745.545 Anträgen das absolute Maximum der Geschichte erreicht.

Mit diesen hohen Zahlen der geflüchteten Menschen kommen bei uns in der Bevölkerung auch immer mehr Fragen auf:

Was für Menschen stehen hinter dem Begriff „Geflüchtete“?

Woher und aus welchen Gründen kommen sie?

Wie sollen wir mit diesen Menschen und den Problemen, die hinter der Flucht stecken, umgehen?

Jeder hier in Deutschland hat ein Recht auf seine eigene Meinung – und das ist auch gut so!
Aber Meinungen sollten nicht auf Vorurteilen oder falschen Fakten beruhen.
Damit Du dir deine eigene Meinung bilden und diese vertreten kannst, wollen wir hier einige der vielen Fragen beantworten.

Quelle: https://mediendienst-integration.de/migration/flucht-asyl/zahl-der-fluechtlinge.html und https://www.bamf.de/SharedDocs/Anlagen/DE/Statistik/BundesamtinZahlen/bundesamt-in-zahlen-2019-asyl.html?view=renderPdfViewer&nn=284738 s.S. 8

Woher kommen die Geflüchteten?

Flüchtende kommen zurzeit vor allem aus den Balkanstaaten, dem Nahen Osten sowie afrikanischen Ländern.
Aktuell sieht die Verteilung so aus…

Hauptstaatsangehörigkeiten im Mai 2020

Quelle: https://www.bamf.de/SharedDocs/Meldungen/DE/2020/20200616-asylgeschaeftsstatistik-mai.html

Wer nimmt eigentlich weltweit die meisten Geflüchteten auf?

Ganz so einfach lässt sich diese Frage aus verschiedenen Gründen nicht beantworten. Wenn man allerdings schätzungsweise die Zahlen der im jeweiligen Land lebenden Flüchtlinge mit der Zahl der Asylsuchenden addiert, kommt man auf folgendes Diagramm.

Quelle: https://mediendienst-integration.de/migration/flucht-asyl/zahl-der-fluechtlinge.html

Wer darf dann tatsächlich auch bleiben?

Bei einem Asylverfahren gibt es verschiedene Formen des Abschlusses:

  • Asylanerkennung (Art. 16 a GG und Familienasyl)
  • Anerkennung als Flüchtling nach § 3 Abs. 1 AsylG
  • Gewährung von subsidiärem Schutz nach § 4 Abs. 1 AsylG
  • Feststellung eines Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 5 oder 7 AufenthG
  • Ablehnung und
  • formelle Entscheidung

Die sogenannte Gesamtschutzquote setzt sich zusammen aus den ersten vier genannten Abschlüssen bezogen auf die Gesamtzahl der Entscheidungen im betreffenden Zeitraum. Im Jahr 2019 lag sie in Deutschland bei 38,2%.

Ausschlaggebend für den Ausgang eines Asylverfahrens sind die Fluchtgründe. Als Geflüchtete werden jene Menschen angesehen, die vor Krieg oder politischer, religiöser, sexueller, o.ä. Verfolgung durch Staat und/oder speziellen Gruppen fliehen.

Allgemeine Notsituationen, wie Armut, Bürgerkriege, Naturkatastrophen oder Arbeitslosigkeit scheiden grundsätzlich als Gründe für eine Asylgewährung aus. Wer aus diesen Gründen flieht, gilt als sog. „Wirtschaftsflüchtling“ und wird abgewiesen.

Beispiele

Von den syrischen Geflüchteten wurden nur 0,1% abgewiesen, da diese vor Krieg fliehen.
Von den Anträgen aus dem Kosovo wird nur 1% der Anträge bewilligt, da diese Menschen als „Wirtschaftsflüchtlinge“ gelten.

Wie bei so vielen Dingen gibt es auch hier Ausnahmen:
Eine hochschwangere Frau oder ein Geflüchteter mit drohendem Nierenversagen dürfen nicht abgeschoben werden, solange sie reiseunfähig sind oder im Heimatland keine ausreichende Versorgung gewährleistet ist. Ändert sich der Zustand (z.B. für Frauen nach der Entbindung oder Verbesserung der medizinischen Versorgung in der Heimat), können diese Menschen wieder ausgewiesen werden.

Quelle: https://www.bamf.de/SharedDocs/Anlagen/DE/Statistik/BundesamtinZahlen/bundesamt-in-zahlen-2019-asyl.html?view=renderPdfViewer&nn=284738 s.S. 33f, 39

Was bewegt Menschen zu flüchten?

Geflüchtete kommen in der Hoffnung auf ein besseres Leben nach Deutschland.
Um das Heimatland zu verlassen, muss einem Menschen viel angetan werden.
Häufige Gründe sind Krieg oder Verfolgung, sodass diese Menschen täglich um ihr Leben bangen müssen.
Aber auch Armut kann ein Grund sein. Viele wünschen sich für ihre Kinder ein besseres Leben, ohne Korruption und Arbeitslosigkeit.
Dass der deutsche Staat sich um das Überleben all seiner Mitbürger kümmert, ist für die meisten neu. Die große Mehrheit kommt nicht nach Deutschland, um von Arbeitslosengeld zu leben. Sie wollen sich hier aktiv ein sicheres und besseres Leben aufbauen.

Wie kommen die Geflüchteten nach Europa?

Es gibt drei Hauptwege, um nach Europa zu kommen:

  1. Über die Türkei, meistens weiter nach Griechenland und von dort aus weiter in andere Länder.
  2. Mit Booten über das Mittelmeer, meist starten diese von Libyen aus.
  3. Von Marokko nach Spanien in die spanische Stadt Melilla. (Diese Stadt ist eine Exklave, d.h. an der marokkanischen Küste)

Organisiert wird die Flucht meistens von Schleppern. Geflüchtete sparen lange Zeit oder verkaufen all ihr Hab und Gut im Herkunftsland, um dann von dem Geld die Schlepper zu bezahlen. Diese kennen die Routen und können Boote, Busse oder gefälschte Pässe besorgen.
Es kommen allerdings bei Weitem nicht alle Geflüchteten, die sich auf den Weg machen, auch an.

Wie wird die medizinische Versorgung geregelt?

Auf dieses Thema bezieht sich ein Großteil unserer Arbeit. Da es sich hierbei aber um ein sehr komplexes Thema handelt, geben wir dir hier nur einen groben Überblick:

Akute Erkrankungen und Schmerzzustände müssen behandelt werden.
Dafür kann der oder die AsylbewerberIn entweder in ein Krankenhaus gehen (das darf in Deutschland jeder, z.B. auch Illegale! Die Behandlung ist Pflicht, auch wenn nicht gezahlt werden kann) oder mit einem Krankenschein vom Sozialamt zu einem niedergelassenen Arzt.

Vorsorgeuntersuchungen oder Behandlungen, die die Ursache einer Krankheit bekämpfen, werden nicht gezahlt, wenn die Symptome potentiell mit Medikamenten abgeschwächt werden können.
Beispiel: Eine neue Hüfte wird nicht eingesetzt, da die Symptome (= Schmerzen) mit Schmerzmitteln bekämpft werden können und das Gehen bereits schwer fällt und somit keine Verschlimmerung mehr eintreten kann.

Ein Modell zur Verbesserung des Zugangs zu medizinischer Versorgung für Geflüchtete wird seit 2005 in Bremen entwickelt und umgesetzt. Es wird eine Krankenversicherten-Chipkarte an alle Geflüchteten vergeben, mit der ein unbürokratischer Zugang zum Gesundheitssystem ermöglicht wird. Da das „Bremer-Modell“ gezeigt hat, dass die Versorgung dadurch deutlich verbessert wurde und die Kosten sogar verringert werden konnten, wird jetzt überlegt, wie man das Modell bundesweit umsetzen kann. Nun ist abzuwarten, ob und vor allem nach wie vielen Jahren eine erfolgreiche Umsetzung zu erwarten ist.

Falls dich das Thema interessiert, findest du weitere Informationen in diesem Arbeitspapier „Gesundheitsversorgung für Menschen ohne Papiere“ der BAG Gesundheit/Illegalität oder auch unter folgenden Internetadressen:

https://www.verbraucherzentrale.de/wissen/gesundheit-pflege/aerzte-und-kliniken/medizinische-versorgung-von-asylbewerbern-12312
https://www.fluechtlingsrat-bremen.de/wp-content/uploads/Bremer-Modell-Gesundheit.pdf

Wie lange dauert ein Asylantrag?

Aktuell dauert ein Asylverfahren durchschnittlich 6 Monate. Das Ziel der Bundesregierung war eigentlich 3 Monate. Doch durch die Überlastung der Behörden, kann dieses vorerst nicht erreicht werden.

Anträge aus bestimmten Ländern werden bevorzugt bearbeitet, sodass andere dementsprechend länger warten müssen.
Asylbewerberinnen und Asylbewerber aus Syrien müssen im Schnitt nur 4,4 Monate auf ihr Ergebnis warten, während Menschen aus Pakistan und der Russischen Föderation durchschnittlich 9 Monate warten müssen.

Besonders lange Wartezeiten gibt es für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge. Die durchschnittliche Bearbeitungszeit lag im dritten Quartal 2018 bei 7,7 Monaten, in den ersten neun Monaten bei 10,2 Monaten. Junge Flüchtlinge aus Afghanistan mussten mit 12,6 Monaten am längsten warten.

Quelle: https://www.zeit.de/politik/deutschland/2019-02/bamf-asylverfahren-fluechtlinge-migration-dauer und https://www.morgenpost.de/politik/article216411497/Asylverfahren-dauern-im-Schnitt-nur-noch-sechs-Monate.html

Was ist eigentlich das Dublin-Verfahren?

Das „Dublin-Verfahren“ ist ein Begriff, den Du bestimmt schon öfter von den Medien & Co gehört oder gelesen hast, ohne tatsächlich genau zu wissen, was er bedeutet.
Gemeint ist hiermit das europäische System, welches besagt, dass Geflüchtete in dem Land Asyl beantragen müssen, welches sie zuerst betreten haben.
Bei jeder Antragstellung wird also überprüft, ob der Geflüchtete mit seinem Fingerabdruck vielleicht schon in einem anderen Land registriert wurde. Wenn dies der Fall ist, wird er dorthin zurück gebracht.
Da Deutschland ein Binnenstaat ist, müssen die Geflüchteten entweder mit dem Flugzeug gekommen sein oder andere glaubhafte Einreisewege haben (z.B. in einem LKW versteckt, ohne genauere Kenntnisse des aktuellen Aufenthaltsorts).

Da die Küstenstaaten Griechenland und Italien längst überfordert sind, wird ein System diskutiert, nachdem die Geflüchteten gleichmäßig auf die ganze EU aufgeteilt werden. Abgesehen von der Überforderung gibt es einen weiteren Punkt, der für die gerechte Aufteilung spricht: Vor allem in Ländern wie Ungarn, Bulgarien und Griechenland gibt es die Asylgesetze nur auf Papier. In der Realität landen viele der Geflüchteten in diesen Ländern in Gefängnissen. Bis ein besseres System entwickelt wurde, darf laut einem Gerichtsurteil z.B. nach Griechenland nicht mehr abgeschoben werden.

Quelle: https://www.bamf.de/SharedDocs/Anlagen/DE/Statistik/BundesamtinZahlen/bundesamt-in-zahlen-2019-asyl.pdf?__blob=publicationFile&v=4, s.S. 25

Was sind sichere Herkunftsstaaten?

Als sicheren Herkunftsstaat definiert das Gesetz Länder, von denen sich aufgrund des demokratischen Systems und der allgemeinen politischen Lage davon ausgegangen werden kann, dass dort generell keine staatliche Verfolgung zu befürchten ist und dass der jeweilige Staat grundsätzlich vor nichtstaatlicher Verfolgung schützen kann.

In Deutschland gelten derzeit folgende Länder als sichere Herkunftsstaaten:

  • die Mitgliedstaaten der Europäischen Union
  • Albanien
  • Bosnien und Herzegowina
  • Ghana
  • Kosovo
  • Nordmazedonien
  • Montenegro
  • Senegal
  • Serbien

Menschen, die aus diesen Staaten nach Deutschland flüchten, bekommen trotzdem die Chance für ihren Asylantrag vorzusprechen und zu erklären, warum ihnen – abweichend von der Regelvermutung – Verfolgung in ihrem Herkunftsland droht.

Quelle: https://www.bamf.de/DE/Themen/AsylFluechtlingsschutz/Sonderverfahren/SichereHerkunftsstaaten/sichereherkunftsstaaten-node.html

Weitere Informationen für Interessierte

Diese Internetseiten (https://mediendienst-integration.de/migration/flucht-asyl/zahl-der-fluechtlinge.html + https://www.unhcr.org/dach/de/services/statistiken) könnte für Dich interessant sein, da dort noch viele weitere Fragestellungen thematisiert und gut erklärt werden.

Weitere Fragen mit guten Nachlese-Adressen:

Wie wohnen Flüchtlinge?https://www.fluechtlingshilfe-bw.de/praxistipps/handbuch/inhalt-des-handbuchs/unterbringung/wie-wohnen-fluechtlinge

Wieviele Geflüchtete kehren freiwillig wieder in ihre Heimat zurück?https://www.bamf.de/DE/Themen/Statistik/FreiwilligeRueckkehr/freiwilligerueckkehr-node.html

Was ist ein Freizügigkeitsmonitoring?https://www.bamf.de/DE/Themen/Forschung/Veroeffentlichungen/BerichtsreihenMigrationIntegration/Freizuegigkeitsmonitoring/freizuegigkeitsmonitoring-node.html

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