Jeder Tag ist Weltflüchtlingstag
Gedanken zum Weltflüchtlingstag
Am 20. Juni ist Weltflüchtlingstag – ziemlich genau vier Monate nach dem Einmarsch russischer Truppen in die Ukraine. Im Verlauf der letzten Monate erlebten wir in Europa als Reaktion eine gewaltige Flüchtlingsbewegung. Bereits über 800.000 Menschen – überwiegend Frauen und Kinder – haben die Bundesrepublik Deutschland erreicht. Insgesamt sind laut aktuellem UNHCR-Bericht (UN Refugee Agency) 8 Millionen Ukrainer:innen innerhalb ihres Landes auf der Flucht. 6 Millionen haben das Land bereits verlassen. Die Bilder aus Mariupol, Kiew und vielen anderen Orten in der Ukraine haben in uns Entsetzen, Trauer, Angst und Wut ausgelöst. Die Solidarität und die überwältigende Bereitschaft zur Aufnahme der Geflüchteten hier in Deutschland sind jedoch Grund zur Hoffnung. Die Ankunft der Ukrainer:innen gestaltete sich Dank der EU-Zustrom-Richtlinie überraschend unbürokratisch: Ukrainische Geflüchtete erhalten direkt eine befristete Aufenthaltsgenehmigung mit Zugang zu Wohnraum, Arbeit und Sozialleistungen – schnell und unkompliziert.
Das Problem: Die Situation der Geflüchteten aus nicht-europäischen Staaten wie Syrien, Irak oder Afghanistan ist anders. Denn die vereinfachten Aufnahmeverfahren gelten nur für Ukrainer:innen. Kriegsflüchtlinge aus Drittstaaten, also Meschen ohne ukrainische Staatsbürgerschaft, die vor den Kämpfen aus der Ukraine nach Deutschland fliehen, erhalten dagegen keine Aufenthaltsgenehmigung. Gleichzeitig leben Migrant:innen aus afrikanischen Staaten teilweise seit Jahren in Deutschland in prekären Verhältnissen und müssen nach wie vor jahrelange Asylverfahren durchlaufen – immer mit der Befürchtung, doch noch abgelehnt und abgeschoben zu werden. Die Solidarität, die wir momentan im Umgang mit ukrainischen Geflüchteten erleben, darf nicht zu Lasten anderer Geflüchteter gehen, indem Geflüchtete unterschiedlicher Herkunft unterschiedlich behandelt werden. Diese Unterschiede seien in der täglichen Arbeit deutlich zu spüren, berichtet die Flüchtlingshelferin Maria Heerde-Hinojosa. Sie spricht von der Gefahr einer zweiten Traumatisierung.
Die Ungleichbehandlung verletzte viele Seelen.
Flüchtlingshelferin Maria Heerde-Hinojosa
Weltweit befanden sich 2021 erstmals über 100 Millionen Menschen auf der Flucht. Sie fliehen vor der Gewaltherrschaft der Taliban in Afghanistan oder werden durch Hunger und Medikamentenknappheit in Venezuela aus ihren Heimatorten vertrieben. Ob politische Unruhen in Myanmar, die Dürre und Nahrungsknappheit in Südsudan oder der russische Angriffskrieg in der Ukraine – die Gründe für die Flucht sind unterschiedlich. Das Leid und die Sehnsucht der Menschen nach Frieden und Sicherheit sind dieselben. Die große Bereitschaft zur Aufnahme und Unterstützung der Ukrainerinnen und Ukrainer zeigt, dass eine herzliche und unkomplizierte Aufnahme Geflüchteter in Deutschland möglich ist. Wir schließen uns daher der Forderung der „Seebrücke“ an: Möglichmachen!
Möglichmachen!
seebrücke.org
Wir wünschen uns keine Unterscheidung mehr zwischen Geflüchteten unterschiedlicher Herkunft und setzen uns ein für eine bunte, offene Gesellschaft, die allen schutzsuchenden Menschen mit demselben Respekt begegnet!
Weitere Informationen zum Thema findet ihr hier: