Weltflüchtlingstag 2020
Autor: Anes Dada
Heute, am 20. Juni, ist Weltflüchtlingstag. Passend zum Anlass hat der Hohe Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen (UNHCR) vor wenigen Tagen zwei Berichte für das Jahr 2019 veröffentlicht, einen, der die wichtigsten Zahlen zusammenfasst und einen mit Blick auf die globale Entwicklung. Wir wollen die Gelegenheit nutzen, um auf die neuen und zum Teil sehr alarmierenden Statistiken aufmerksam zu machen.
Die globale Anzahl der Flüchtlinge steigt
Wenn uns auch 2015 eine starke Flüchtlingswelle erreichte, welche wieder abgeebbt ist, sollte man sich im Klaren sein, dass die absoluten Geflüchtetenzahlen im Jahr 2019 höher sind als je zuvor. Auch der Anteil der Geflüchteten an der weltweiten Gesamtbevölkerung wird immer größer.
Der Report des UN-Amtes unterscheidet unter anderem Flüchtlinge von Binnenflüchtlingen (internally displaced, innerhalb eines Landes vertriebene Menschen) und Asylsuchenden. Binnenflüchtlinge machen beispielsweise knapp mehr als die Hälfte der Vertriebenen aus. Im Folgenden meinen wir aber mit den Begriffen Flüchtlinge, Geflüchtete, oder Vertriebene immer alle Menschen, welche zwangsweise von ihrem Zuhause versetzt wurden.
Die Gesamtzahl beläuft sich am Ende des Jahres 2019 auf 79,5 Millionen Menschen.
40% von ihnen sind Kinder.
Ein Prozent der Weltbevölkerung – oder 1 von 97 Menschen – ist nun unfreiwillig aus der Heimat verdrängt.
UNHCR – Global Trends 2019
Der hier zitierte Anteil der Vertriebenen an der Weltbevölkerung ist im Kontext der letzten Jahre durchaus nicht selbstverständlich: Laut Bericht lag er 2010 noch bei 1 von 159 Menschen.
Krisen schaffen Flüchtlinge
Es ist wichtig, zu verstehen, dass die globalen Krisen und Konflikte – Hauptursache für die erzwungene Migration der Menschen – im letzten Jahrzehnt besonders stark und anhaltend Schaden an den Betroffenen verursachten:
Mit dem letzten Jahrzehnt kam ein erheblicher Wandel. Mehr Leute suchten Zuflucht, aber die Vertriebenen hatten weniger Möglichkeiten, ihre Leben wieder aufzubauen.
UNHCR – Global Trends 2019
Von 1990 bis 1999 kehrten 15,3 Millionen Vertriebene in ihre Heimat zurück.
Von 2000 bis 2009 kehrten 9,6 Millionen Vertriebene in ihre Heimat zurück.
Im letzten Jahrzehnt konnten nur 3,9 Millionen Menschen nach Hause zurückkehren.
Man bewahre im Kopf, dass heute weitaus mehr Flüchtlinge existieren als damals (doppelt so viele wie 2010!). Wer die großen Konflikte unserer Zeit gut kennt, dem mag sich das ganze womöglich etwas schlüssiger darstellen.
Unter anderem erwähnt der UNHCR: den Syrienkrieg, den Konflikt im Südsudan, den Konflikt in der Ukraine. Die Unterdrückung der staatenlosen Rohingya in Myanmar, die durch den Klimawandel mitbedingte Dürre in der Sahelzone, die immer schlimmer werdenden Flüchtlingswellen in Venezuela und viele, viele mehr. Auch deshalb lohnt sich ein Blick in den Bericht.
Aus welchen Ländern kommen die meisten Flüchtlinge?
An erster Stelle kommen die Flüchtlinge aus Syrien, mit 6,6 Millionen Menschen. Anschließend folgen die Geflüchteten aus Palästina, welche durch das UNRWA erfasst werden*; 5,6 Millionen. An dritter Stelle sind mittlerweile die Flüchtlinge aus Venezuela mit 3,7 Millionen. Danach kommen Afghanistan, Südsudan und Myanmar. Aus dem letzteren sind mittlerweile auch über 1 Million Flüchtlinge, größtenteils innerhalb des Landes versetzt.
*das Hilfswerk der Vereinten Nationen für Palästina-Flüchtlinge im Nahen Osten; die Palästina-Flüchtlinge sind bspw. in Abb. 1 im Globaltrends-Bericht mit aufgezeichnet
Welche Länder nehmen die meisten Flüchtlinge auf?
Die Türkei beherbergt momentan 3,6 Millionen Flüchtlinge aus dem Ausland, mehr als jedes andere Land und mehr als der Rest Europas. Hiervon sind über 90% Syrer. Auf Platz 2 steht Kolumbien, mit inzwischen 1,8 Millionen (größtenteils Venezuelaner*innen). Schließlich folgt Deutschland, auf Platz 3 weltweit, mit nahezu 1,5 Millionen Geflüchteten aus aller Welt.
Betrachtet man allerdings die Anzahl der aufgenommenen Geflüchteten in Relation zur eigenen Bevölkerung, so ist ganz anderen Ländern Aufmerksamkeit zu schenken: Die karibische Insel Aruba (vor Venezuela) und der Libanon zum Beispiel, wo ein Sechstel bzw. ein Siebtel der Bevölkerung aus Geflüchteten besteht (wobei die palästinensischen Flüchtlinge im Libanon hier nicht einmal mit einberechnet sind).
Die Welt braucht Lösungen; es ist klar, dass mit jeder zusätzlichen Krise (nicht zuletzt Corona; vordergründig das globale Klima), die Bedingungen für Menschen in der Zukunft härter werden.
Erfolge und Früchte seiner Arbeit präsentiert der UNHCR vor allem im global report
Die Würde des Menschen ist unantastbar.
Artikel 1, Deutsches Grundgesetz
Weitere interessante Fakten zu Flucht und Vertreibung haben wir für euch auch auf der Seite „Menschen auf der Flucht“ in unserer neuen Rubrik „Gut zu wissen…“ zusammengefasst.