1.Prinzipien und Fanatismus
Das Wort „ Prinzip“ ist ein Faszinosum, ein Wort mit einer hohen Anziehungskraft, weil ausgesprochen wird, dass etwas Grundsätzliche gemeint ist. Das heißt, vieles in unserem Leben baut darauf auf. Das Lateinische „principium“ als Ursprung, Anfang oder Grundlage übersetzt, zeigt uns den Weg. Aber wie kommt das? Das von einem Prinzip die Rede ist und nicht schlicht von einem Satz? Das liegt daran, dass auch Sätze gemeint sind, die erst in Zukunft gelten sollen. Der Satz „Dieser Baum ist grün“ ist kein Prinzip. Aber greifen wir mal in die Kiste der berühmten Prinzipien, dann finden wir das Prinzip der Identität des Ununterscheidbaren (lat. principium identitatis indiscernibilium). Im Englischen nennt man das Prinzip auch Leibniz Law. Identisch sind zwei Gegenstände A und B, wenn wir keine sprachlichen Mittel haben, sie zu unterscheiden. Wir sagen auch A und B sind dasselbe. Wir sagen nicht A und B sind das gleiche. Das sagen wir, wenn A und B nur in einer gewissen Hinsicht gleich sind, z.B. in der Farbe. Total gleich und nur in Aspekten gleich wird in deutscher und in anderen Sprachen unterschieden. Der Witz des Leibniz Prinzip ist, dass es für alle Zukunft gilt. Und das ist das Verführerischen für uns Menschen. Wir setzten Prinzipien in die Welt und behaupten, sie gälten für alle Ewigkeit. Schauen wir auf Putins Geschichtsblick auf Russland und wir sehen sofort, das hier ein Prinzip gemeint ist, das sind lauter grundsätzliche Sätze, vermutlich für ihn in aller Zukunft gültig. Politiker können aber von Wissenschaftlern à la Leibniz lernen. Jedem wissenschaftlichen Prinzip wir ein zweites Prinzip gegenübergestellt, das wir das Dialog-Prinzip nennen. In diesem Prinzip kennen wir eine Ich-Rolle und eine Du-Rolle. „ Etwas – Sagen und Etwas- Verstehen werden als unterschiedliche, aber stets zusammengehörige Gesichtspunkte entwickelt“ sagt Kuno Lorenz in seinem Beitrag „Dialog“ im Mittelstraßschen Lexikon. Der „Ich“ sagt etwas, damit der „Du“ das versteht. Die Ich-Rolle und die Du-Rolle wechseln ständig. Das Dialog-Prinzip wird in Wissenschaften eingeführt zur Überwindung einer Subjektivität. Man will transsubjektiv, d.h. vernünftig werden und auch den Politikern etwas vorleben. Hinter dem Dialogprinzip steckt letztes Endes das Vernunftsprinzip. Blanke, undialogische Prinzipienreiterei ist Fanatismus und führt bekanntlich in den Abgrund, wie uns u.a. der Bolschewismus und der Faschismus vorgeführt haben.
2. Fundamentalismus
Das Thema ist schwierig zu bearbeiten, weil man Fundamentalismus streng von Fundamentalphilosophie zu unterscheiden hat. Es war Robert Spaemann, der Fundamentalismus 1989 auf den Begriff gebracht hat. Er definiert eine Fundamentalisten als einen Menschen, dem etwas heilig ist, das er nicht bereit ist, zur Disposition zu stellen. „Heilig“ ist weltlich gesprochen das Unantastbare. Spaemann hatte ohne Zweifel stark religions-philosophische Neigungen. Und so ist auch sein Begriff von Fundamentalismus aufgebaut. Für den Katholiken Spaemann ist der christliche Fundamentalismus im Wesentlichen ein protestantisches Phänomen“. Das Luthersche „sola scriptura“ oder nur allein durch die Heilige Schrift kommt man zum Ziel, und durch das „allein“ wird fundamental gedacht. Und das „sola“ Phänomen haben wir auch im islamischen Fundamentalismus bin hinein in das blutrünstige iranische Regime, das auch die ganze Welt terroristisch überzieht.Wie eine Erlösung kommt einem demgegenüber die Fundamentalphilosophie vor. Hier herrscht der Geist der Aufklärung (enlightment). Und das zentrale fundamentalphilosophische Thema besteht nach Carl .F. Gethmann im Mittelstraßschen Lexikon im Problem der Begründung als methodischer Anfang. Man gerät aber schnell ins Karikaturistische. Die Begründung muss wieder begründet werden und das geht so fort, man landet im unendlichen Regress. Das will natürlich niemand. Einen ganz neuen Weg in der Fundamentalphilosophie haben Wilhelm Kamlah und Paul Lorenzen mit ihrer „Logischen Propädeutik“ beschritten. Nicht die Erkenntnisfindung an sich wird von Grund auf betrachtet, sondern die Mittel dazu, und das ist nun mal unsere Sprache. Paul Lorenzen beschreibt den Erlanger Methodischen Anfang des Konstruktivismus wie folgt:“ Betrachten wir die natürliche Sprache als ein auf See befindliches Schiff in Not, so können wir unsere Situation auch folgendermaßen darstellen: Wenn es kein erreichbares Festland gibt, muss das Schiff schon auf hoher See gebaut worden sein; nicht von uns, aber von unseren Vorfahren. Diese konnten also schwimmen und haben sich – irgendwie aus etwa herumtreibenden Holz – wohl zunächst ein Floß gezimmert, diese dann immer weiter verbessert, bis es ein so komfortables Schiff geworden ist, dass wir gar nicht mehr den Mut haben, ins Wasser zu springen und noch einmal von vorn anzufangen.“Das ist Fundamentalphilosophie pur aus dem Aspekt eines Spracherwerbs. Haben wir eine Sprache. die im Ortho ist, können wir lebensweltliche Situationen korrekt rekonstruieren. Wir haben eine sogenannte Orthosprache verfügbar.