Weihnachstmann, Christkind und Co.

Ich hätte große Lust, meinen Unmut über das auszudrücken, was Weihnachten inzwischen geworden ist. Es gibt aber bestimmt soundosviele Blogs die das tun werden oder getan haben. Also werde ich mich etwas zurück halten und weniger über die Kommerzialisierung von Weihnachten auslassen sondern mehr ein paar Gedanken über Weihnachten als Vater machen.
Ich habe mir gerade, als ich meinen kleinen Sohn ins Bett gebracht habe überlegt, was ich ihm mal erzählen werde, wer die Geschenke zu Weihnachten bringt. Ich hoffe, ich kann ihm noch dasselbe erzählen, was meine Eltern und die Eltern meiner Frau erzählt haben – daß das Christkind die Weihnachtsgeschenke bringt.
Leider wird das zunehmend schwieriger – wohin man auch schaut sieht man den Weihnachtsmann. Es mag zwar sein, daß der Ursprung von „Santa Claus“ in Europa liegt (Sinterklaas oder vielleicht auch der Heilige Nikolaus). Aber damit hat die von Coca Cola vermarktete Figur die mittlerweile als *der* Weihnachtsmann gilt nicht mehr viel gemeinsam. Der Heilige Nikolaus war ein Bischof und trägt somit Bischofsmütze und Hirtenstab. Und sein Tag ist der 6. Dezember. Ich weiß noch, als ich klein war, gab’s noch Nikoläuse aus Lebkuchen oder Schokolade. Ich kann mich heuer nicht erinnern einen „echten“ Bischofs-Nikolaus gesehen zu haben. Nur diese Figur in rot-weißem Mantel. Ich denke mal, ein älterer Mann mit Rauschebart, rotem Mantel mit weißem Pelz und dickenm Bauch läßt sich einfach besser vermarkten – auch weil diese Figur Konfessions-neutral ist. Aber ein Mann, der gutes tut, darf sowohl ein Bischof sein als auch ein Rabbi oder Vertreter einer anderen Konfession. Es geht um den Inhalt, nicht die Verpackung. Nun gut, das ist meine Meinung.
Als ich noch ein Kind war, gab es den Nikolaus, der am 6. Dezember mit Knecht Ruprecht kleine Geschenke und Naschereien gebracht hat. War man als Kind böse, gab’s die Rute. Und am Tag vorher war Krampus-Tag, den wir aber in unserer Familie weniger „gefeiert“ haben. Und am 24. Dezember kam dann das Christkind und hat uns die Weihnachtsgeschenke gebracht. So ähnlich war’s bei meiner Frau, die nicht aus dem süddeutschen, österreichischen oder norditalienischen Raum kommt, auch.
Wenn mein kleiner Sohn mal gößer wird – wie soll ich ihm erklären, wer der Weihnachtsmann ist, wer der Nikolaus und was es mit dem Christkind auf sich hat? Man kann vielleicht in der Familie, im kleinen Kreise „sein“ Fest feiern. Aber wenn die ganze Welt drumrum nur mehr den Weihnachtsmann kennt – warum kommt dann das Christkind nur zu uns? Und: wie wird er sein, der „Weihnachtsmannmarkt“ in Nürnberg, wenn es den Christkindlesmarkt mal nicht mehr geben wird?
Warum müssen wir uns ständig und dauernd globalisieren lassen, dasselbe feiern, dasselbe tun und lassen wie die Amis? Es gibt doch so viele Bräuche, eben das Christkind, den Nikolaus, die Befana in Italien, Väterchen Frost in Russland und wie sie alle heißen. Warum kann man eine Tradition nicht weiterleben, warum muß man plötzlich alle dasselbe feiern? Ich finde das schade.

Bei mir zuhause in den Bergen wird die Weihnachtstradition zwar noch etwas höher gehalten als in Deutschland. Denn was dort teilweise „abgeht“ ist mit „traurig“ noch reichlich untertrieben. Wenn im Fernsehen bei einer Live Sendung z.B. das wetlweit berühmte österreichische und somit deutschsprachige Weihnachtslied „Stille Nacht“ absichtlich(!!) auf englisch gesungen wird weil’s (O-Ton) „cooler“ ist(!!!!) ist das grotesk. Wenn dann in der gleichen Sendung weiter philosophiert wird, wie cool oder uncool traditionelles Weihnachten ist, was man von Weihnachten in der Familie hält und wie teuer die Geschenke sind die man selbst geschenkt hat oder schenkt ist „traurig“, wie bereits gesagt, untertrieben.
Mag sein, daß Familienfeiern nicht jedermanns Sache sind. Aber das alleine ist nicht Weihnachten. Mag sein, daß man sich zu Weihnachten was schenkt, teilweise sich sogar verpflichtet fühlt. Aber das alleine ist nicht Weihnachten. Mag sein, daß Weihnachten die umsatzreichste Zeit im Jahr ist und daß dies werbetechnisch natürlich ausgeutzt wird. Aber das ist nicht Weihnachten, das ist Profit. Mag sein, daß der dickliche, ältere Herr in rotem Bademantel gemütlich, familiär und freundlich aussieht. Aber das alleine ist nicht Weihnachten. Mag sein, daß für viele Weihnachten die einzige Zeit im Jahr ist, wo man eine Kirche von innen sieht. Aber auch das alleine ist nicht Weihnachten. Die Geburt Jesu Christi vor mehr als zweitausen Jahren? Ja, das ist der Anlaß, aber der Geburtstag alleine macht das Weihnachtsfest auch nicht aus. Für gläubige Christen steckt natürlich mehr dahinter als nur die Geburt eines gerechten Mannes.
Glitter, Kerzen, Lametta, Profit, Weihnachtsmänner, Christkind, Nikolaus, Weihnachtsbäume, Geschenke, Werbung, in-sein weil man Weihnachten nicht in der Familie verbringen möchte, Christmette, Firmenfeiern, Christbaumkugeln, Festessen – irgendwie gehört das heute alles dazu. Aber selbst der Glaube an den Weihnachtsmann hätte denselben tieferen Sinn und Hintergrund wie der Glaube ans Christkind. Nur geht heutzutage selbst dieser tiefere Sinn, bei all dem, was zu Weihnachten vermeintlich dazu gehört, verloren: Nächstenliebe. Zeigen, daß man sich mag, zeigen, daß man nicht alleine ist (und damit kann ruhig auch mal nicht nur die eigene Familie gemeint sein!), zeigen, daß man einander achtet und sich schätzt. Weihnachten wird nicht nur das Fest der Liebe sondern auch das Fest des Friedens genannt. Familien Weihnachtsessen sprechen da aber eine andere Sprache. Wenn die Schwägerin es nicht lassen kann, selbst zu Weihnachten ihren Hass offen zur Schau zu stellen und jedes Wort so wählt, daß selbst der ruhigste Zeitgenosse früher oder später explodieren muß oder sich verletzt fühlt und Onkel Paul mit Tante Irene sogar am Esstisch vor der versammelten Familie es nicht lassen können ihren seit Jahren schwelenden Ehekrach auszutragen und Sohn Manfred es uncool hält mit der Familie zu feiern und dies bei jedem Bissen und jedem Satz betonen muß, was für Spiesser doch die eigene Familie ist – ist das alles andere als ein friedliches Fest. Tradition schön und gut. Aber nicht um jeden Preis, das seh ich schon ein. Nur: warum hört man auch dieses Jahr von Eltern, die ihre kleinen Kinder umgebracht haben und warum ist die Selbstmordrate zur Weihnachtszeit so hoch? Meiner Meinung nach hat das mit der Vereinsamung der Menschen zu tun. Familie – wozu? Ein Partner auf Zeit, der nicht bei einem wohnt – Unverbindlichkeit. Einem kleinen Menschen das Leben schenken? Keine Lust, keine Zeit, zu teuer, ich fahre lieber in den Urlaub. Uncool. Die Eltern besuchen? Anstrengend, vielleicht könnte ich ja auch die Schwester antreffen. Aber während vermeintlich alle anderen feiern – gemeinsam – fühlt man eben doch eine Leere, Einsamkeit. Der Mensch ist eben doch ein Herdentier welcher bei seiner Sippe oder Horde bleiben sollte. Alleine geht man unter. Aber letzteres ist eben modern und Unverbindlichkeit, keine Verpflichtungen haben ist eben nun mal einfacher, als sich mit einem Lebensgefährten auch mal zu streiten, zu diskutieren und Verantwortung zu übernehmen. Oder einem Kind die Windeln zu wechseln. Ich weiß grad nicht, ob ich mit solchen Leuten Mitleid haben soll oder nicht. Ein Opa im Altersheim, eine Mutter im Krankenhaus die beide sehnsüchtig – umsonst – auf Besuch der Familie warten tun mir leid. Eine Karrierefrau die an Heilig Abend alleine in ihrer 4 Zimmer Wohnung vor dem Fernseher sitzt oder ein Playboy, welcher auch an Heilig Abend in der Disco versucht, etwas für die Nacht aufzureißen, ein Pärchen, welches aus verschiedensten Gründen jeder in seiner Wohnung bleiben muß – die tun mir hingegen nicht leid.

Über den Sinn von Weihnachten könnte man noch länger philosophieren. Das tun viele. Aber wer sollte uns immer wieder daran erinnern, was es mit Weihnachten auf sich hat? Die Werbung? Die Medien? Die weihnachtlichen Dekorationen in den Geschäften und Städten? Im Gegenteil. Die einzige Botschaft die ‚rüber kommt ist „Leute, es ist Weihnachten, da muß man Geschenke kaufen – drum kauft!“ Das Fernsehen? mit der Handvoll Weihnachtsfilmen über den Kindertraum Weihnachtsmann? Nicht wirklich. Da geht es im Großen und Ganzen nur darum, daß man das Träumen nicht verlernen soll. Die Priester in den Kirchen? Wie denn, wenn die Leute nicht mehr hin gehen! Die, welche die Spendenaktionen organisieren? Vielleicht. Wenn es nicht nur darum geht, das eigene schlechte Gewissen zu beruhigen und zumindest etwas getan zu haben ohne genau zu wissen warum. Die Eltern für die Kinder? Dazu müssten sie selbst daran erinnert werden. Ich weiß es nicht. Vielleicht geht durch die Unverbindlichkeit der modernen Gesellschaft tatsächlich viel von dem Halt verloren, welchen ein Mensch braucht um seinem Leben eine Richtung zu geben. Und nicht einfach nur existiert zu haben, am Ende zu sterben und vergessen zu werden.

Trotzdem möchte ich meinem Kind ein bisschen von dem Glanz in den Augen schenken, den ich von meinen Eltern bekommen habe, als „das Christkind“ das Glöckchen geläutet hat und ich unter dem Kerzen geschmückten Baum die Geschenke gesehen habe. Das möchte ich meinem Kleinen für’s erste schenken. Und später dann ihm den tiefen Sinn von Weihnachten zeigen – und so gut es geht vorleben: christliche Nächstenliebe, anderen eine Freude machen, Streit und Zank erstmal beiseite legen und gemeinsam eine schöne Zeit zu verbringen. Und auch wenn es heutzutage uncool ist: Zeit, mit den Lieben und der Familie zu verbringen.
Deshalb freue ich mich, Weihnachten in der Familie verbringen zu dürfen und dies zu genießen. Und ich freue mich auch, hier in meiner Heimat wenigstens etwas dem verlogenen Weihnachts-getue entkommen zu sein.