Unser heutiger Weg führte uns vorbei an kleinen Olivenhainen und Honigmelonenfeldern durch die Haouz-Ebene, die besonders für den Gersten- und Weizenanbau bekannt ist. Kaum zu glauben, dass mit den einsetzenden Regenfällen im Oktober hier ausreichend Getreide für die Bevölkerung der Region vorhanden sein wird.
Sowohl die Landschaft wie auch die Architektur veränderten sich und ließen bereits eine halbe Stunde vor unserer Ankunft die Schönheit Essaouiras erahnen. Einen kleinen Fotostop machten wir auch. Jedoch spielten nicht wir, sonder eine Hand voll Ziegen die Hauptrolle – nur eine Touristenattraktion?!
Ein paar Kilometer weiter konnten wir in einer sogenannten Kooperative, die für die Region typischen Arganölprodukte erwerben. Unter einer Kooperative versteht man eine Art Verein, bei dem das erwirtschaftete gleichmäßig unter allen Mitarbeitern aufgeteilt wird. Besonders interessant war die traditionelle Arganölproduktion und der dazu dargebotene Willkommensgesang – YouYou.
Nun erfuhren wir auch, dass die Arganölproduktion früher Hand in Hand zwischen Mensch und Tier von statten ging. Die Ziegen fraßen dabei das Kernäußere und die Frauen verarbeiteten anschließend die Kerne zu Arganöl.
Wind, eine salzige Meeresbrise und unsere heutige Reisebegleiterin Rashida empfingen uns in Essaouira.
Die vielen Fischerboote bestaunend begaben wir uns durch den im 16. Jhd. erbauten Torbogen. Da die Stadt (ehemals Mogador) einst den Fluten zum Opfer fiel, musste sie unter Mohammed III. wieder aufgebaut werden und bekam den neuen Namen Essaouira. Daher sind auf dem Torbogen drei Halbmonde für Mohammed dargestellt und der Davidstern, der in diesem Fall nicht für das Judentum steht, sondern die Willkommenskultur gegenüber allen ethischen Völkern symbolisieren soll.
Beim Betreten der Medina fallen unweigerlich die vielen Katzen auf, die für die Bewohner des Dorfes fast heilig sind, da sie das durch Pest und andere Plagen gebeutelte Dorf von den Ratten befreit hatten. Auf dem Weg in das Herz der Medina führte uns Rashida an vielen kleinen Fischständen und Cafès vorbei, darunter auch ihr Lieblingscafè. Zwinkert merkte sie an: „Ich habe süße Zähne, wie jeder Marokkaner. Es ist überhaupt ein Wunder, dass wir Zähne haben.“
Auf unserer Erkundungstour fielen uns die oft handwerklich ausgearbeiteten Türen, beziehungsweise Eingänge auf. Diese typisch marokkanischen Türen lassen eine Vermutung über den sozialen Status, jedoch nicht über die ethische Zugehörigkeit der Bewohner zu. Immer wieder begegneten uns in den schmalen Gassen spielende, sich gegenseitig mit Wasser übergießende Jungen, die auch keinen Halt vor Professoren machten. Dieser Brauch symbolisiert das „sich Reinschwaschen“ zu Beginn des neuen jüdischen Jahres. Einen weiteren Bestandteil stellen die mit Schafsfell bezogenen Trommeln dar, mit denen die Kinder lautstark musizierend durch die verwinkelten Gassen flitzen. Das Geheimnis eben dieser Trommeln, denen wir bereits gestern auf dem Souk in Marrakech begegnet sind, konnten wir nun dank der Erklärung lüften.
Am schönsten Aussichtspunkt Essaouiras, einem Turm der alten Stadtmauer am Hafen mit unverstelltem Blick auf das malerische Fischerdorf, beendeten wir die Tour und verabschiedeten uns von Rashida.
Mit knurrenden Mägen begaben wir uns in kleinen Gruppen auf die Nahrungssuche. Mutig mischten wir uns unter die essaouirischen Fischer am Hafen und entdeckten ein kleines „Restaurant“. Restaurant definiert sich hier wie folgt:
Nach harten Verhandlungen, gelang es uns für die 13-köpfige Teilgruppe einen Platz zu ergattern und einen guten Preis für eine unfassbare Menge Dorade, Kalamari, Sardinen, Brot und Oliven zu erzielen. Guter Dinger und um eine kulturelle Erfahrung reicher, schlenderten wir noch durch die Stadt und am wundervollen Strand entlang, bevor wir wieder die lange Heimfahrt antraten. Ein ereignisreicher Tag neigt sich dem Ende zu.
Annemarie und Evelina