Barrierefreiheit

Das Armeemuseum in Paris widmet dem deutsch-französischen Krieg von 1870/71 eine Ausstellung und das Onlineangebot der „Welt“ berichtet im Ressort Geschichte darüber. Das könnte unspektakulär sein, enthielte der Bericht nicht ein paar Zeilen, die mit dem Inhalt der Ausstellung nichts, mit der Benutzbarkeit für alle Besucher aber alles zu tun haben. Da heißt es über die Kuratoren der Ausstellung unter anderem:

Auch haben sie, zum Nutzen aller Besucher, auf vermeintlich „inklusiven“ Schnickschnack wie Bodenleitsysteme und Bildschirme mit zappelnden Gebärdendolmetschern verzichtet.

Darüber habe ich mich sehr geärgert. Inklusion wird von dem Autor, der vermutlich das Glück hat, maximal eine Brille oder Kontaktlinsen zu benötigen, um gut zu sehen, der hören kann, was der Führer durch die Ausstellung oder der Audioguide sagt und der auf seinen eigenen Beinen durch die Ausstellung gehen kann, also für unnötig gehalten. Warum sollten auch behinderte Menschen sich für Geschichte interessieren? Warum sollte ein Gehörloser denn die Erklärungen zu den Ausstellungsstücken in seiner Muttersprache angeboten bekommen? Es reicht doch wirklich, wenn Audioguides für alle Sprachen vorhanden sind! Und warum sollte ein Blinder, der die Ausstellungsstücke sowieso nicht sehen kann, denn ohne fremde Hilfe durch diese Ausstellung gehen können? Warum wohl?

Weil auch Menschen mit Behinderung ein Recht auf Bildung und Information haben. Und weil deshalb dafür gesorgt sein muss, dass Menschen mit Behinderung, die eine Ausstellung oder eine Website besuchen, möglichst denselben Nutzen davon haben wie Menschen, die keine Behinderung haben.

Das gilt natürlich auch für Angebote im Internet. Was die Websites anbelangt, so stehen wir, die wir im öffentlichen Dienst arbeiten, sogar in der Pflicht, unsere Angebote barrierefrei zu machen und zu halten. Das klingt im ersten Moment, als müsste man großen Aufwand treiben, dabei sind die Maßnahmen, die man ergreifen muss, wenig spektakulär – dafür aber sehr effektiv. Wenn Sie Ihre Homepage auf der CMS Multisite-Instanz des RRZE haben, gibt es nur wenige Punkte, die Sie wirklich beachten müssen:

Alternativtexte und Beschreibungen

Fügen Sie allen Fotos, Grafiken und Dokumenten (z. B. PDF) Alternativtexte und Beschreibungen hinzu, damit Menschen die nicht den Monitor als Ausgabegerät haben (also einen Screenreader oder eine Braillezeile), den Zusammenhang mit dem Text verstehen und wissen, was dort jeweils dargestellt wird.

Dokumente

Es gibt Dokumente, die als PDF oder in einem anderen, nicht für den Browser lesbaren Format zur Verfügung gestellt werden sollen. Dies sollte möglichst selten geschehen. Was Sie als Text direkt auf Ihrer Webseite anbieten können, sollte höchstens zusätzlich in einem anderen Format angeboten werden (beispielsweise Flyer für die Ankündigung von Veranstaltungen und dergleichen).

Formulare

Für Formulare gibt es das HTML-Element „label“. Wenn Sie also mit dem von uns zur Verfügung gestellten Plugin Contact Form 7 ein Formular gestalten, sollten Sie darauf achten, dass alle Elemente von umschlossen sind. Auch das ist eine große Hilfe für Menschen, die keinen Monitor für die Anzeige benutzen.

Semantik

Achten Sie darauf, dass Sie Ihre Textelemente richtig bezeichnen. Für Überschriften benutzen Sie bitte die in WordPress vorhandene Möglichkeit, aus dem Dropdown-Menü im Editior auszuwählen; einfach nur Fettschrift und größer als der übrige Text macht noch keine Überschrift und wird auch von der Hilfstechnik nicht so wahrgenommen. Dasselbe gilt für Listen, Absätze (das ist die Grundeinstellung für Text in WordPress), Zitate und Ähnliches. Sollten Sie einmal in Ihrem Editor keine Möglichkeit finden, Textteile, die kein einfacher Absatz sind, entsprechend auszuzeichnen, können Sie auf den Texteditor zurückgreifen und das HTML selbst einfügen. Eine gute Hilfe kann die Dokumentation SELFHTML sein.

Links

Auch Links sollten beschrieben sein, so dass der Besucher, der sie anklickt, eine Vorstellung davon bekommt, was ihn erwartet. Ein Link, der einfach nach hier führt, ist für Menschen, die sich vom Screenreader die vorhandenen Links vorlesen lassen, nicht hilfreich. Deswegen sollten Sie Links, die zu einer Seite wie der allgemeinen Beispielseite für Internetentwickler führen, auch mit einem entsprechenden Text unterlegen.

Sprachliches

Halten Sie Ihre Sätze kurz. So schön es ist, lange, nebensatzreiche Satzkonstrukte zu drechseln und sich daran zu erfreuen, dass man nicht über den Fallstricken der Grammatik zu Boden gegangen ist – lassen Sie es. Einerseits nutzen Sie damit allen Besuchern, denn das Lesen am Bildschirm kostet mehr Konzentration, andererseits freuen sich Menschen mit Einschränkungen sehr, wenn sie sich da nicht hindurchquälen müssen.

Ein weiteres Thema, das immer wieder zu – teils heftig geführten – Auseinandersetzungen führt, ist die gendergerechte Sprache. Selbstverständlich ist eine neutrale Herangehensweise an dieses Thema auch ein Stück Inklusion. Oft genug wird aber gerade an dieser Stelle von Menschen mit Behinderung gefordert, hinter der Geschlechtergleichheit zurückzustehen. Einen Artikel mit Tipps, die beiden Parteien helfen, gibt es bei Domingos de Oliveira, der sich Gedanken um die Vereinbarkeit von gendergerechter Sprache und Barrierefreiheit gemacht hat.

Insgesamt ist es wesentlich leichter, Barrierefreiheit (oder doch zumindest -armut) herzustellen, als zunächst darauf zu verzichten und später Anpassungen machen zu müssen. Letztlich haben alle Nutzen davon: Ihnen gehen keine Besucher verloren, und Ihre Besucher haben alle Freude an Ihrem Angebot – egal ob mit Behinderung oder ohne. Deshalb lohnt sich das Achten auf Barrierefreiheit immer!

Zum guten Schluß legen wir Ihnen noch einige Links ans Herz – teils umfangreich und ein wenig trocken, aber trotzdem hilfreich, wenn man auf Barrierefreiheit achten möchte oder muss: