1) Taxonomie (Klassifikation)
Die EU-Taxonomie der Energieformen mit dem Begriff der Nachhaltigkeit hat in der Europäischen Union einen erheblichen Staub aufgewirbelt, insbesondere auch, weil Deutschland nicht anerkennen will, dass Atomenergie als Spaltungsenergie im ökologischen Sinne nachhaltig ist. Atomenergie als Fusionsenergie steht noch nicht zur Debatte, weil erst technische Fundamentalprobleme in den nächsten 10 Jahren zu klären sind (siehe ITER). Die Mehrheit der EU-Nationen steht gegen Deutschland. Was ist da los? Mit Mitteln der Vernunft sollte doch zu klären sein, ob Kernenergie ökologisch mit Bezug auf das Klima nachhaltig ist oder nicht. Wir können doch europäisch die Vernunft nicht einfach ausschließen. Täten wir es, würde Europa, ein Vernunftgebilde zerstört.
Wir behandeln die Ausdrücke „Taxonomie“ und „Klassifikation“ gleichsinnig. In englischsprachigen Ländern wir der Ausdruck „Taxonomie“ bevorzugt.
In der EU-Taxonomie geht es um eine neue Klassifikation der Energieformen, als da sind:
Bewegungsenergie (kinetische Energie)
Lageenergie (potentielle Energie)
Wärmeenergie.
Elektrische Energie.
Atomenergie, Kernenergie.
Strahlungsenergie (elektromagnetische Wellen, Sonnenenergie)
Chemische Energie.
Fossile Energie (Kohle, Erdgas) zählt zu den chemischen Energien. Die Energie entsteht chemisch durch Verbrennung. Erneuerbare Energien entstehen zum größten Teil durch Wind als Bewegungsenergie, die in elektrische Energie umgewandelt wird, oder als Strahlungsenergie (Sonnenenergie), die ebenfalls in elektrische Energie transformiert wird.
Energie ist ein Gattungsbegriff (generic term). Um zu einem Artbegriff (specific term) zu gelangen, braucht man einen artbildenden Unterschied (differentia specifica); und da hat man sich in Brüssel darauf geeinigt, in der Taxonomie (Klassifikation) den Begriff “nachhaltig“ einzuführen.
Und nun ist der Krach da, offen nunmehr, schon seit mindesten 10 Jahren nur verdeckt! Jeder konnte die Entwicklung sehen. Frankreich u.a. will seine Atomenergie ausbauen, Deutschland baut Windräder auf und seine Atommeiler ab. Was nun? Die Frage kann im Folgenden ziemlich genau mit wissenschaftlichen Mitteln (nicht politisch-ideologisch) beantwortet werden. Ist in einem klassifikatorischen Sinne eine Energieform nachhaltig oder ist es sie nicht, heißt die Frage.
2) Ist Kernenergie nachhaltig?
Die Frage kann absolut nicht beantwortet werden. Man sieht konkret den atomaren Abfall und manchmal fürchtet man auch mit Verweis auf Fukushima eine mangelnde Funktionssicherheit. Auf der anderen Seite sieht man die Verspargelung der Landschaft und den Unwillen der Bevölkerung, das hinzunehmen. Man streitet um die 10 H-Regel.
„Abstraktion durch Weglassen“ als Primitivmethode befürchten Kanzler Olaf Scholz und seine Regierung, wenn er sagt „Atomenergie ist nicht nachhaltig“. Man schiebt in Brüssel den atomaren Abfall einfach bei Seite, meint er. Ist das so? Nein das ist nicht so.
Wie in der Abstraktionslehre dargestellt wird, sollte unsere Frage nicht absolut, sondern relativ beantwortet werden, und zwar in welcher Hinsicht Kernenergie nachhaltig ist. Und die Hinsicht, der Aspekt, der zu betrachten ist, ist das Klima und seine bedrohliche Gefährdung durch einen viel zu hohen CO2– Ausstoß.
Die folgende Klimaäquivalenz, ist leicht einzusehen:
Bezüglich des Klimas sind Erneuerbare Energie und Kernenergie äquivalent.
Das ist die Grundlage zur abstrakten Aussage, dass Kernenergie nachhaltig ist. So meint man das auch in Brüssel. Kernenergie ist somit auch wegen der Nachhaltigkeit förderungswürdig. Das ist der Punkt, der Berlin ärgert.
Man kann beliebig viel Kernenergie oder beliebig viel Erneuerbare Energie erzeugen, das Klima ändert sich dadurch nicht. Man sagt abstraktions-theoretisch: Das Klima ist invariant (unverändert) bezüglich Kern- und Erneuerbarer Energie.
Die moderne Abstraktionslehre auf Basis einer Äquivalenzrelation wurde von einem Deutschen, von Gottlob Frege (1848-1925) in die Welt gesetzt. Die Lehre ist fundamental und hat in vielen Lebensbereichen Bedeutung. Berlin hat einen erkenntnistheoretischen Nachholbedarf und muss versuchen, den Ideologieverdacht (ein Ausdruck vom FAZ- Kolumnisten Jasper von Altenbockum) abzuschütteln. Man hat halt 2011 nach Fukushima in Panik und Furcht und Schrecken, ohne das Klima zu betrachten, falsch gehandelt. Das zu zugeben, fällt schwer. Das wissen auch die Franzosen. Es braucht seine Zeit und Nachsicht mit den Deutschen, die ihre Klimaziele weiter reißen werden, wie der neue Minister sagt.
Was ich vorzutragen habe, nennt man in den Wissenschaften seit Dijkstra (1930-2002) auch „Separation of Concerns“ oder “ Trennung von Besorgnissen“. Klima -Besorgnisse werden von Atomabfall-Besorgnissen getrennt, weil zwei unterschiedliche Aspekte zur Debatte stehen, die unterschiedlich behandelt werden sollten, um Komplexität zu reduzieren. Das ist alles. Nichts Geheimnisvolles ist daran.
Lieber Hartmut,
das ist eine gute Ergänzung zum vorherigen Blog. .. und Du gehst m.E. noch zu gnädig mit unseren Politischen Kaste bei der dogmatischen Behandlung der Kernenergie um.
Das Hauptproblem ist hierbei die klare analytische und wirtschaftliche Bewertung der Abfallproblematik bei den verschiedenen Reaktortypen und deren Anteil an der Wirtschaftlichkeit sowie Nachhaltigkeit dieser verschiedenen Reaktor-Techniken.
Kennst Du eine verständliche , übersichtliche Quelle, die den derzeitigen Stand der Technik der Abfallbehandlung der verschiedenen Reaktorgrundtypen kurz beschreibt ?
Liebe Grüsse
Klaus
Lieber Klaus,
Wissenschaftliche Texte oder gar Impmelentierugsvorschläge vorzulegen, macht bei den Deutschen mit dogmatischem Schaum vor dem Mund keinen Sinn. Es hilft uns nur das Ausland z.B. Finnland:
https://de.wikipedia.org/wiki/Endlager_Olkiluoto
Es muss erst 20 Endlager auf der Welt geben. Aber Deutschland braucht dann nicht mehr zu folgen, weil es keine Kernernergie mehr hat. Das lokal noch gelagerte Material kann man verkaufen an Länder mit Endlager. Das ist ein Deal.
Dein Hartmut