Geography abroad

Erlanger Geographie-Studierende berichten über ihre Auslandsstudien

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Forschungspraktikum an der University of Otago, Neuseeland

Foto: Chris Garden, 16.02.17

Studentin absolvierte dreimonatiges Forschungspraktikum an der University of Otago, Neuseeland

Von Dezember 2016 bis Februar 2017 absolvierte ich ein Forschungspraktikum am Department of Geography an der University of Otago in Dunedin auf der Südinsel Neuseelands. Der Aufenthalt fand im Rahmen der Partnerschaft der beiden Universitäten statt und wurde von der Arbeitsgruppe Mölg, insbesondere von Prof. Dr. Thomas Mölg und Dr. Nicolas Cullen, gefördert und betreut.

Die 120.000 Einwohner große „Studentenstadt“ Dunedin liegt an der Südostküste der neuseeländischen Südinsel und war mir aufgrund ihrer Weitläufigkeit, des architektonischen Mix aus modernen Gebäuden, Graffiti-besprühten Alt- und viktorianischen Kolonialbauten, der Lage zwischen grünen, mit Regenwald-ähnlichem native forest bewachsenen Hügelketten, der zahlreichen Parkanlagen sowie des Hafenbeckens und des Surfstrands von Beginn an sehr sympathisch. Wie die meisten Städte in Neuseeland ist Dunedin stark europäisch geprägt, was auf den Einfluss der britischen Kolonialmächte zurückzuführen ist. In dieser fremden und doch irgendwie vertrauten Umgebung konnte ich mich relativ schnell zurechtfinden.

Gewohnt habe ich während meines Aufenthalts in einer WG, zusammen mit drei „Kiwis“ (so bezeichnen sich die Neuseeländer selbst). Es ist üblich, zusammen mit 4-10 anderen Studenten ein ganzes Haus für das gesamte Uni-Jahr zu mieten und im nächsten Jahr wieder umzuziehen (sog. flatting). Da das Studienjahr in Neuseeland von Anfang März bis Ende November dauert und viele Studenten in den Semesterferien (Sommer ist hier von November bis April!) in den Urlaub oder ihre Heimat fahren, war es nicht besonders schwer, kurzfristig eine bezahlbare, gut gelegene und in etwa dem deutschen Standard entsprechende Unterkunft zu finden. Alle meine Mitbewohner haben – wie die meisten Studenten – außerdem während der Ferien gearbeitet, um sich die hohen Studiengebühren finanzieren zu können. Insgesamt habe ich die Stadt und den Unicampus somit als vergleichsweise ruhig und entspannt kennengelernt; da aber der Großteil der Studenten bereits Anfang März aus den Semesterferien zurückkehrt, konnte ich in meinem letzten Monat noch miterleben, wie die Stadt von einer Woche auf die andere um mehr als 10.000 Einwohner anwächst und sich in eine große, lautstarke Party-Meile verwandelt.

Die University of Otago ist das Wahrzeichen der Stadt und zugleich ihr wichtigster Arbeitgeber. Der schön gestaltete und gepflegte Campus liegt direkt am Leigh River nahe dem Stadtzentrum, wo sich im 3.-5. Stock des Richardson Building das Department of Geography befindet – mein Arbeitsplatz für 3 Monate. Angeboten werden dort Bachelor- und Masterstudiengänge in Human Geography, Physical Geography und Environmental Management mit einer Vielzahl an möglichen Schwerpunkten. Am Department fühlte ich mich von Anfang an wohl und willkommen – Dozenten, Mitarbeiter und Studenten waren sehr freundlich, aufgeschlossen und hilfsbereit. Ich wurde mit einem User-Zugang und einer Staff-Card ausgestattet und bekam meinen persönlichen Arbeitsplatz in der Map Library zugeteilt, einem Arbeitsraum für Masterstudenten und Paper-schreibende Hiwis. Mein Betreuer und Ansprechpartner vor Ort, Dr. Nicolas Cullen (Associate Professor of Climatology and Meteorology), machte mich mit gefühlt jeder Person am Department bekannt, nahm mich auf diverse Meetings und Veranstaltungen mit und stand mir auch bei persönlichen Angelegenheiten stets zur Seite.

Meine Arbeit als research assistant bestand aus Literaturrecherche zum Thema Climate synoptics between Patagonia and New Zealand und der Massenbilanzmodellierung des Brewster Glacier in den südlichen neuseeländischen Alpen. Das Department betreibt am Fuß des Gletschers eine Wetterstation und führt seit 2004 in Kooperation mit der Victoria University of Wellington im Rahmen eines mass-balance programmes regelmäßig Dichte- und Ablationsmessungen durch. Auf der Grundlage dieser Daten soll die Wechselwirkung des Gletschers mit dem lokalen, regionalen und globalen Klima untersucht werden, um Aussagen über die Reaktion neuseeländischer Alpengletscher auf Klimaänderungen treffen zu können. Dazu arbeitete ich zunächst mit einem einfachen Temperatur-Index-Modell und stieg anschließend auf das von Prof. Dr. Thomas Mölg entwickelte, weitaus komplexere, physikalisch-basierte Massenbilanzmodell um, mit dem einzelne Energie- und Massenströme an der Gletscheroberfläche berechnet und detailliert untersucht werden können. Ein absolutes Highlight war ein Helikopter-Trip zum Brewster Glacier, auf dem ich den GIS-technician Chris Garden zur Promotion und als Vertretung für das Department sowie zur Überprüfung der Wetterstation begleiten durfte.

An den Wochenenden und nach meinem Praktikum hatte ich Zeit, um Dunedins Umgebung zu erkunden bzw. weite Teile Neuseelands zu bereisen und mit eigenen Augen zu sehen, was ich bisher teilweise nur aus Lehrbüchern kannte. In diesem wunderbar vielfältigen Land reihen sich die unterschiedlichsten Landschafts- und Vegetationszonen auf vergleichsweise kleinem Raum aneinander, was eine Physische Geographin durchaus auf ihre Kosten kommen lässt: von vergletschertem Hochgebirge über dichte Regenwälder, wüste Vulkanlandschaften, Karstgebiete und bizarre Küstenformationen bis zu traumhaften türkisblauen Buchten mit Sandstrand gibt es so gut wie alles. Auch kulturell ist Neuseeland äußerst interessant, haben doch die Ureinwohner, Maori genannt, vor allem auf der Nordinsel noch immer eigene Anteile am Land und sind trotz der Kolonialisierung durch die Europäer im 19. Jhd. ein wichtiger und respektierter Bestandteil der neuseeländischen Bevölkerung und Kultur geblieben sowie eigens im Parlament vertreten.

Dieses Auslandspraktikum war eine große Bereicherung für mich und hat mich sowohl in wissenschaftlicher als auch in persönlicher Hinsicht weit vorangebracht. Vielen Dank an Thomas Mölg und Nicolas Cullen für diese einzigartige Chance und die fantastische Unterstützung!

Elena