Eva.Reli.Gion On Tour

Israel- und Palästina-Exkursion (08.06.2022-17.06.2022)

Inhalt

Tag 5

Heute morgen um 8 Uhr ging es für uns als erste Anlaufstelle des Tages auf den Tempelberg. Nachdem die Sicherheitskontrolle passiert war, durften wir den Hof der Al-Aqsa Mosche besuchen. Um eine ungestörte Religionsausübung der Muslim:innen zu ermöglichen, war ein Besuch der Moschee selbst leider nicht möglich.
Hier erklärte uns unser Reiseleiter Ameed einiges über den Islam. Aufgefallen sind vor allem die vielen Schuheregale vor der Moschee, diese dienen als Aufbewahrungsstelle, da Muslim:innen zum Beten ihre Schuhe ausziehen. Die Menge der Regale ließ auf die Menge der betenden Menschen an Festtagen schließen.


Neben der Al-Aqsa Moschee befindet sich der Felsendom. Auch wenn der Name den Teil ‚Dom‘ beinhaltet, handelt es sich hier nicht wie häufig assoziiert um ein Bauwerk des Christentums, sondern um das drittwichtigste Heiligtum des Islams. Der Felsendom ist keine Moschee, in der das Pflichtgebet verrichtet wird.
Hier sollen drei Haare des Propheten Mohammed gefunden worden sein.

Im Anschluss daran besuchten wir die Klagemauer des Judentums. Wir hatten die Möglichkeit, selbst an die Klagemauer zu treten und in den getrennten Bereichen für Männer und Frauen das Gebet zu verfolgen.

Es war beeindruckend zu sehen, wie nah Judentum und Islam auf dem Tempelberg beieinander sind und wie weit die Differenz und Abgrenzung doch reicht. Die Geschichte des Berges verknüpft die beiden Religion untrennbar miteinander.
So wird beispielsweise vermutet, dass die Steine, die zur Erbauung des Hofes der Al Aqsa Moschee genutzt wurden, früher Teil des Tempels waren. Aus diesem Grund sollen Jüdinnen und Juden den Platz meiden, um den ehemaligen Tempel nicht mit Füßen zu treten. Aus touristischen Gründen ist es Jüdinnen und Juden jedoch erlaubt die Al Aqsa Mosche und den Felsendom (von außen) zu besichtigen. Hierbei werden sie von vielen Polizisten mit Gewehren bewacht.
Auf dem Tempelberg kann zudem ein Spagat zwischen Religiosität und Tourismus beobachtet werden. Während die einen sichtlich berührt sind, an einem heiligen Ort zu stehen, sind andere mit dem perfekten Urlaubsfotos, Souvenirverkäufen oder Taschendiebstählen beschäftigt. Der Vormittag endete mit einer Mittagspause auf dem Bazar.

Ich möchte ihnen in meinem Haus und in meinen Mauern einen Namen geben.“ (Jes 56,5)

Unser nächstes Reiseziel war die Shoa-Gedenkstätte Yad Vashem. Der Name ist angelehnt an das obige Zitat und der Ort dient der Erinnerung an die Opfer der Shoa (hebr. „Katastrophe“) und diejenigen Menschen, die Jüdinnen und Juden zur Zeit des Nationalsozialismus versteckt oder anderweitig unterstützt haben. Es heißt „Wer einen Menschen rettet, rettet die ganze Welt“ – und in diesem Sinne sind in der sogenannten „Allee der Gerechten unter den Völkern“ immergrüne Johannisbrotbäume für Personen gepflanzt, die Jüdinnen und Juden während der Shoa das Leben retteten.

Die historische Ausstellung, die wir zuerst besuchten, bot uns einen bewegenden Einblick in verschiedene Bereiche der Zeit des Nationalsozialismus und Zweiten Weltkrieges. Eindrucksvoll verbindet das Museum Informationen über die geschichtlichen Zusammenhänge mit Zeitzeugenaussagen und Exponaten, die erschüttern und zutiefst berühren. Im Anschluss führte uns Ameed über das Gelände der Erinnerungsstätte. Dort konnten wir den Warschauer Platz, die Halle der Erinnerung mit dem ewigen Feuer und die Children’s Hall besuchen. Letztere wurde von einem Ehepaar, das ihren Sohn im Genozid verlor, gestiftet und rückt die im Nationalsozialismus ermordeten Kinder in den Vordergrund. Symbolisch aufgeladen hinterlässt die Children’s Hall, in der die Namen der 1,5 Mio. gestorbenen Kinder aufgezählt werden, Besucher:innen fassungslos.

Nach diesem bewegenden Einblick fuhren wir den kurzen Weg zum Tal der Gemeinden, bevor wir uns gemeinsam in Kleingruppen über das Erlebte austauschten. Es ist notwendig, sich der Geschichte bewusst zu werden – gerade aufgrund der Tatsache, dass die Shoa, die Erinnerung an und die Prävention von Antisemitismus uns als Lehrer:innen in der Schule und im Religionsunterricht begegnen werden.

Erfreulicherweise eröffnete sich uns am späten Nachmittag die Chance, unsere Erlebnisse mit der Rabbinerin Ada Zavidov zu teilen und uns mit ihr auszutauschen. Sie ist eine der ersten weiblichen Rabbinerinnen in Israel und leitet die reformierte Synagoge Har-El seit 2004. In einem bereichernden und offenen Gespräch konnten wir Fragen stellen, die uns bewegen und erhielten facettenreiche Antworten, die zum Weiterdenken anregen.

Der fünfte Tag unserer Exkursion war insgesamt sehr bewegend. Deshalb endet dieser Blogeintrag mit einem passenden Zitat, das uns dank Heiner Aldebert über den Tag hinweg begleitet hat:

O Signore, fa di me un Instrumento della tua pace! – Herr, mach mich zu einem Werkzeug deines Friedens.

Dieser Beitrag wurde erstellt von: Katrin Sachs, Anja Hergenröther und Jasmin Kriesten