Bericht: Drittmitteleinwerbung in den Geisteswissenschaften (22.06.2010)
Bericht: Drittmitteleinwerbung in den Geisteswissenschaften (22.06.2010)
Die Einwerbung von Drittmitteln ist selbst für etablierte Professorinnen und Professoren nicht immer ein leichtes Unterfangen. Umso mehr steht man selbst vor einigen offenen Fragen, wenn man nach der Promotion seinen ersten eigenen Antrag stellt. Deshalb lud die Graduiertenschule der FAU am 22. Juni 2010 Interessierte aus den Geisteswissenschaften zu einer Informationsveranstaltung ein, auf der es um den Weg zum erfolgreichen Forschungsantrag ging. Zusammen mit dem Forschungsreferenten der Philosophischen Fakultät Dr. Robert Fischer gaben im Senatssaal des Kollegienhauses zwei besondere Expertinnen ihre Erfahrung weiter: Frau Prof. Dr. Annette Scheunpflug ist Fachkollegiatin der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) für das Fach Erziehungswissenschaft, Frau Prof. Dr. Christine Lubkoll hat die gleiche Funktion in der Literaturwissenschaft. Beide gehören damit zum kleinen Kreis derer, die am Ende entscheiden, ob ein Antrag bei der DFG Erfolg hat oder nicht.
In den Geisteswissenschaften ist die Deutsche Forschungsgemeinschaft die größte Drittmittelgeberin, weshalb deren Förderinstrumente den Kern der Veranstaltung darstellten. Für Nachwuchswissenschaftler/innen gibt es generell drei mögliche Wege, von DFG-Mitteln zu profitieren [s. dazu auch die Präsentation von Frau Prof. Scheunpflug]:
(1) die Bewerbung um ein Stipendium oder eine Stelle bei den großen DFG-Programmen wie Sonderforschungsbereichen, Graduiertenkollegs oder Forschergruppen; (2) die Bewerbung um ein Stipendium in besonderen Nachwuchsprogrammen wie etwa Emmy Noether-Stipendien für promovierte Leiter/innen einer Nachwuchsgruppe, Heisenberg-Stipendien für Habilitand/innen und Heisenberg-Professuren oder Stipendien für einen 24monatigen Forschungsaufenthalt im Ausland; (3) die Einwerbung von Drittmitteln für eigene Forschungsstellen oder zur Einrichtung eines interdisziplinären Netzwerks.
Bei der Einwerbung von Drittmitteln, darin waren sich Referent und Referentinnen einig, gilt der Rat, erst einmal „kleinere Brötchen zu backen“. Zu empfehlen sei ein DFG-Antrag auf Sachbeihilfe, mit dem man Mittel für Forschungsstellen beantragen kann. Bei einem Erstantrag sollte man sich aber damit begnügen, die Finanzierung der eigenen Stelle zu beantragen. Ist der Antrag erfolgreich, gibt es für maximal drei Jahre Mittel für Personal inkl. Hilfskräfte, wissenschaftliche Geräte, Reisen und Publikationsbeihilfen. Antragsberechtigt sind Promovierte. Man kann auch zusammen mit etablierten Wissenschaftler/innen einen Antrag stellen, allerdings muss dann klar sein, welchen Teil des Arbeitsprogramms man selbst verantwortet.
Ein wichtiger Tipp für Nachwuchswissenschaftler/innen: Wer noch nie einen Antrag bei der DFG gestellt hat, sollte ihn als Erstantrag ausweisen . In diesen Fällen sind die Gutachter/innen und das letztlich entscheidende Fachkollegium der DFG gehalten, auch das Entwicklungspotential der Antragstellerinnen und Antragsteller zu berücksichtigen – und gegebenenfalls etwas andere Maßstäbe anzulegen als bei arrivierten Wissenschaftlern. Gleichwohl ist es unbedingt nötig, die Richtlinien exakt zu befolgen. „Hier hat man als Antragssteller keine Interpretationshoheit“, betonte Frau Prof. Scheunpflug. Besonderes Augenmerk sollte man auf einen konsistenten Arbeits-, Zeit- und Finanzplan legen. Der Punkt „Ziele und Arbeitsprogramm“ sollte etwa die Hälfte des gesamten Antrags einnehmen und auf keinen Fall den Eindruck erwecken, man plane schon den Fortsetzungsantrag – einer der häufigeren Fehler laut Frau Prof. Lubkoll, weil es mitunter an einer klar fokussierten, bearbeitbaren Fragestellung fehlt.
Wessen Antrag beim ersten Mal abgelehnt wurde, der kann seinen Antrag – den Gutachten entsprechend überarbeitet – ein zweites Mal bei der DFG stellen. Geisteswissenschaftler/innen sind nach der ersten Ablehnung erfahrungsgemäß zurückhaltender als die Kollegen aus anderen Disziplinen, dabei bietet die Rückmeldung der Gutachter/innen eine gute Gelegenheit, das eigene Vorhaben zu verbessern. Allerdings sollte man, wie beide Fachkollegiatinnen einhellig betonten, keinen Antrag in einer ersten, weniger ausgereiften Version stellen, um dann mit dem Votum der Gutachter den perfekten Zweitantrag einzureichen. Gutachter bemerken diese Strategie schnell und reagieren dementsprechend.
Dr. Monica Mayer, die Geschäftsführerin der Graduiertenschule der FAU, appellierte in diesem Sinne auch an alle potentiellen Antragsteller/innen, daran zu denken, dass die Gutachter ihrer Pflicht meist in der Freizeit nachgehen. Die Antragsteller sollten es ihren Lesern deshalb nicht unnötig schwer machen, sondern insbesondere auf eine klare Struktur und gute Lesbarkeit achten – ein Rat, den man für wissenschaftliche Publikationen generell geben möchte.
Für die Antragstellung und die Phase der Begutachtung sollte man genug Zeit einplanen. Es ist ratsam, den Antrag etwa ein Jahr vor dem beabsichtigten Beginn der Förderung einzureichen, denn für die Bewilligungsphase muss man 7 Monate rechnen. Die Erarbeitung eines guten Antrags braucht auch mehrere Monate, häufig ein halbes Jahr. Ein guter Tipp: In der Phase des Antragschreibens kann man sich mit Fragen an ehemalige DFG-Fachkollegiat/innen wenden. Einer von ihnen ist Prof. Dr. Horst Haider Munske, emeritierter Professor für germanistische Sprachwissenschaft. Er versicherte den Anwesenden, dass die intensive Arbeit am Antrag häufig auch dann gut investiert sei, wenn der konkrete Antrag nicht erfolgreich sei, da Gedanken neu geordnet und strukturiert werden. Für diesen Fall sollte man aber frühzeitig einen Alternativplan entwickeln, auch wenn in manchen Fächern die Förderquoten recht gut sind. Auf die Möglichkeit von Anträgen auf Teilzeitstellen angesprochen, wiesen die Referentinnen darauf hin, dass die DFG bestrebt sei, die Vereinbarkeit von Wissenschaft und Familie zu fördern.
Neben dem erwähnten Antrag auf Sachbeihilfe warben die Referentinnen für zwei weitere Förderlinien der DFG: So werden für die Schaffung von wissenschaftlichen Netzwerken mit bis zu 15 Mitgliedern drei Jahre lang Mittel für regelmäßige Konferenzen gewährt. Mit einer originellen, interdiszipinären Forschungsidee kann man so deutsche und internationale Wissenschaftler/innen zusammenbringen und ein gemeinsames Projekt anstreben. Wer noch mehr internationale Erfahrung sammeln möchte, dem sei das DFG-Forschungsstipendium für einen 24monatigen Auslandsaufenthalt an einem renommierten Institut oder bei einer/m exzellenten Professor/in empfohlen.
Der Forschungsreferent Dr. Fischer ging in seinem Beitrag auf die Vielzahl anderer Förderungsinstrumente und -institutionen ein, angefangen bei den Begabtenförderungswerken und Stiftungen bis hin zu Programmen für Geisteswissenschaftler/innen, die das Bundesministerium für Bildung und Forschung aufgelegt hat, und den Möglichkeiten durch das 7. Forschungsrahmenprogramm der Europäischen Kommission, welche für internationale Vorhaben bestehen. Für die Einzelheiten lohnt ein Blick in die umfassende Präsentation von Dr. Fischer zur deutschen Forschungsförderung. Der Forschungsreferent der Philosophischen Fakultät und Fachbereich Theologie wird außerdem im kommenden Semester gemeinsam mit der Graduiertenschule der FAU einen Workshop zu den praktischen Fragen der Antragstellung anbieten. Näheres dazu finden Sie wie gewohnt frühzeitig im Blog der Graduiertenschule.