Wir auditieren uns schlapp!

Sustainability Audits – wir alle kennen sie, wir alle veranstalten sie (hoffentlich). Wir auditieren wie wild. Jeder auditiert jeden. Tatsächlich? Das Gegenteil ist der Fall.

Eben weil nicht jeder, sondern meist nur ausgewählte Lieferanten auditiert werden, kommt es inzwischen in der Praxis gehäuft vor, dass ein und derselbe Lieferant von drei, vier, zehn Herstellern nacheinander geprüft wird. Das ist der superbürokratische Effizienzkollaps und der GAU des Sustainability-Auditings. Ein Lieferant verriet mir unlängst: „Die auditieren uns zu Tode! Wir haben auch noch was anderes zu tun!“

Aus diesem Grund haben einige kluge Konzerne Audit-Kooperationen gegründet: „Wenn du den Lieferanten X schon überprüft hast, dann akzeptieren wir dein Sustainability-Audit – und ersparen uns selber eines. Und wenn wir den Y auditieren, dann geben wir dir das Audit rein, damit du dir nicht die Mühe machen musst!“ Tolle Idee. Warum machen das nicht alle?

Weil es ein Problem gibt: Um Sustainability-Audits untereinander auszutauschen – was jeder vernünftige Mensch möchte – müsste man zuerst miteinander reden – was anscheinend nur die Best in Class auf die Reihe kriegen. Sich mit Quasi-Konkurrenten an einen Tisch zu setzen und gemeinsame Standards, Prozesse, Schnittstellen und Kommunikationsprotokolle zu vereinbaren – das klappt in vielen Unternehmen oft nicht einmal zwischen den eigenen, von Abteilungsegoismen geplagten Funktionen. Wie soll das dann zwischen völlig fremden Unternehmen und ihren Unternehmenskulturen funktionieren?

Warum sollte ein ganz normales Unternehmen, das auch noch andere Sorgen hat, sich die Mühe machen? Aus einem einfachen Grund: Wir brauchen groß-, wenn nicht vollflächige Sustainability-Audits. Wer wird denn heute auditiert? Von den 100, 200, 1.500 Lieferanten eines Unternehmens?

Nur die wenigsten – aber diese Wenigen dann vier, fünfmal von wechselnden Unternehmen. Und trotzdem sprechen wir vollmundig von „Sustainability“. Lass das bloß nicht die Presse oder das Internet erfahren!

Tatsächlich besteht der einzig gangbare Ausweg aus diesem Armutszeugnis in der Vollflächigkeit der Audits. Diese Flächigkeit wiederum schaffen wir nur mit den skizzierten Audit-Kooperationen. Ihr wollt wirklich echte Nachhaltigkeit, die jeder medialen und moralischen Prüfung standhält? Dann kooperiert beim Audit.