Die allererste Frau wird am 25. November 2015 in die Logistik Hall of Fame (http://www.logistikhalloffame.de/) aufgenommen. Heidi Senger-Weiss.
Nach dem überraschenden, frühen Tod ihres Vaters musste sie quasi über Nacht das älteste österreichische Unternehmen im Bereich Transport und Logistik übernehmen, die Gebrüder Weiss. Es war 1968. Sie war 27 Jahre. Dass eine so junge Frau ein derart renommiertes Unternehmen übernimmt, war damals ein unerhörter Vorgang. Das war schlagzeilenträchtig, revolutionär und ganz sicher für die Jungunternehmerin persönlich überfordernd. Trotzdem krempelte sie die Ärmel hoch, packte an und – wie die Geschichte weiß – reüssierte jenseits kühnster Hoffnungen. Sie legte dabei stets Wert darauf, dass das Unternehmen weiter als Familienunternehmen geführt wird und, dass ihre Mitarbeiter gerne bei und mit ihr arbeiten. Mal ehrlich: Wenn uns Ähnliches blühen würde, wenn wir heute Nacht mal rasch ein komplettes Unternehmen übernehmen müssten – wie viele würden ablehnen? Wie viele scheitern?
Was befähigt Menschen, solche großen Herausforderungen anzunehmen und erfolgreich zu meistern? Die 200 jährlich erscheinenden Erfolgsratgeber meinen: Ziele setzen, smart formulieren, in Baby-Steps herunterbrechen, Hindernisse antizipieren, sich selbst motivieren (oder schlimmer: Erfolg beim Universum bestellen). Hunderttausende kaufen und lesen jährlich solche Bücher und befolgen ihre Rezepte. Seltsam nur, dass die wirklich erfolgreichen Menschen ganz anderen Rezepten folgen. Was ist Heidis Erfolgsgeheimnis?
Eigentlich ist das eine Textaufgabe: Sie hat es selber verraten. Siehe oben: „Sie legte dabei stets Wert darauf …“
Ziele sind notwendig – Werte sind erfolgsentscheidend. Liegen ein Ziel und ein innerer Wert im Konflikt, gewinnt in neun von zehn Konfliktfällen der Wert. Deshalb ertappe ich mich trotz perfekt ausgearbeiteter Trainingsziele immer mal wieder auf dem Sofa lümmelnd – weil in diesem Augenblick der Wert „Ruhe und Erholung“ Priorität vor dem Wert „Fitness“ hat. Und kein Ziel der Welt kann daran etwas ändern. Es sei denn, ich mache statt Zielarbeit auch mal Wertearbeit: Was ist mir im Leben wichtig? Wozu? Mit welcher Priorität? Heidi Senger-Weiss wusste von Anfang an, was ihr wert war: Familienunternehmen, zufriedene Mitarbeiter.
Wer seine Werte kennt, ist erfolgreich(er). Ziele sind gut, Motivation ist gut, Werte sind besser. Aber haben nicht alle Menschen Werte? Deshalb schrieb ich eben: Wer seine Werte kennt. Wir alle haben und folgen Werten – aber wir folgen ihnen unbewusst. Wir kennen sie nicht. Wir wissen immer nur, dass wir wieder mal eine Diät abgebrochen oder eine Klausur versemmelt haben. Wir erkennen nicht die Werte dahinter, zum Beispiel Hedonismus (Lustprinzip) und Autonomiestreben („Ich pauk doch nicht, bloß weil der Prof. das von mir will!“). Wir alle haben unsere Werte, doch solange wir sie nicht kennen, nützen sie uns wenig. Sie torpedieren uns eher fallweise. Heidi Senger-Weiss kennt ihre Werte. Deshalb ist sie jetzt in der Hall of Fame. Wertearbeit ist Erfolgsarbeit. Welche Ihrer Werte (er)kennen Sie?