Alle reden von Big Data. Wobei: Das stimmt nicht. Big Data ist schon wieder out. Ein größerer Datensatz liefert nicht per se die besseren Informationen. Nur wer aus Big Data Smart Data oder Smart Analytics macht, kriegt was fürs Geld. Genau das ist die Frage: Wer kriegt? Wer macht aus großen Daten smarte Daten? Wir auch?
Muss jede Supply Chain Managerin, jeder Logistiker künftig automatisch auch Datenexperte sein, ein Zusatzstudium in Data Science absolviert haben? Wo einige von uns doch schon ihre liebe Not haben, wenn der Administrator das neue Update auf die alte Software draufspielt?
Genau diese Frage untersucht das Lehrstuhl-Team gerade mit einer Studie. Die Ergebnisse werden derzeit ausgewertet. Doch so viel ist jetzt schon klar, die Antwort lautet: Ja. Zumindest, wenn auf der einen Seite die befragten Data Science Experten antworten. Für sie steht fest: Datenkompetenz wird in den kommenden Jahren eine Kernkompetenz für jeden Logistiker, jede Logistikerin werden. Einverstanden, sagen auf der anderen Seite auch die befragten SCM-Experten, aber – großes Aber: Nicht wir sammeln die Berge von Daten und werten sie aus. Das überlassen wir den Data Scientisten. Wir beauftragen sie lediglich und ziehen dann unsere Schlussfolgerungen aus den präsentierten Daten.
Es fällt auf, dass selbst viele SCM-Experten den smarten Daten noch mit viel Skepsis begegnen: Wenn Smart Data sich durchsetzen – werden dann viele Supply Chain ManagerInnen ihren Job verlieren? Weil die Data Scientisten Entscheidungen so gut vorbereitet, dass man keine SCM-Manager mehr dafür braucht? Weil die Datenlage dann so blendend klar ist, dass „Der Bauch des Managers“ überflüssig wird?
Diese Furcht gab es schon immer. Als die ersten Textverarbeitungsprogramme auf die PCs kamen, fürchteten viele, dass die Sekretärinnen ihren Job verlieren würden, weil die Manager nun ihre Briefe selber tippen. Heute erscheint diese Furcht lächerlich. Doch damals war sie alles andere als das. Damals herrschte Panik in manchem Sekretariat. Zumindest Skepsis gegenüber dem Neuen.
Und diese Skepsis ist auch (jenseits der Furcht) berechtigt. Die neue Studie zeigt: Ganz gleich, wie stark Smart Data künftig Entscheidungsfindung und Management beeinflussen, die smarten Daten und ihre smarten Experten werden niemals zwei Schlüsselkomponenten ersetzen können, die maßgeblich sind für den Erfolg im Supply Chain Management und mit denen Supply Chain ManagerInnen glänzen: das Menschliche und das Persönliche. Die Beziehungskompetenz. Neuhochdeutsch: Trust Management. In letzter Konsequenz vertrauen Menschen Menschen – nicht Datenwolken und Algorithmen. Smarte Algorithmen werden die Supply Chain Manager nicht ersetzen, aber deren Kompetenzen ergänzen und das ist der springende Punkt.
Heute tippt kaum mehr jemand mit Schreibmaschine. Alle benutzen Textverarbeitung. Man muss sie nicht programmieren können – aber benutzen. Wenn der Datenexperte mir also einen Algorithmus vorlegt, mit dem er den Auftragseingang der nächsten fünf Jahre für einen Logistikdienstleister vorhersagen möchte, dann muss ich diesen Algorithmus nicht kodieren können. Aber ich verstehe so viel von dem komplexen Rechenwerk, dass ich den Algorithmus auf Herz und Nieren prüfen kann und darauf, ob er hält, was er verspricht. Ich stelle smarte Fragen zu smarten Daten. Ich muss den Experten nichts blind glauben.
Viele Supply Chain Manager wiegeln derzeit noch ab: „Nichts wird so heiß gegessen wie gekocht. Erst mal abwarten!“ Das erste stimmt, das zweite ist ein Eigentor. Manager warten nicht ab. Sie handeln. Sie erweitern ihre Kernkompetenz um Data-Kompetenz. Nicht mit Zusatzstudium. Aber mit der Lektüre von Studien, von Fachliteratur und dem Besuch von Weiterbildung. Denn der Supply Chain Manager und die Supply Chain Managerin der Zukunft werden nicht mehr dieselben sein wie die von heute. Er und sie werden ihr Kompetenzspektrum um Datenkompetenz erweitern. Sie werden das Berufsbild des Supply Chain Managers und sich selbst mit dieser Erweiterung neu erfinden. Tun Sie das auch.