Die Titanic war es nicht. Aber der Müllstrudel, der seit Jahren im Nordpazifik treibt, ist es: unsinkbar. Der Plastikmüllteppich ist so groß wie Zentraleuropa. Warum?
Weil wir halt gerne alles mögliche Zeugs wegwerfen. Daher unser Name: Wegwerfgesellschaft. Wir sind richtig gut darin. Weil wir das seit über 200 Jahren üben. Seit spätestens der Industriellen Revolution folgen wir mit Begeisterung dem linearen Modell: Beschaffen – Herstellen – Ver/Gebrauchen – Wegwerfen/Entsorgen. Knackiger wie immer auf Englisch: Take, Make – Dispose. Linear deshalb, weil es wie die Wurst ist: ein Anfang, ein Ende. Dieser Linearismus zeitigt ungeheure Effekte.
Auf der einen Seite unseren unvergleichlichen Wohlstand. Wir haben alles. Ach was: Wir hier haben sehr viel mehr als alles. Wir haben viel zuviel und davon noch die Luxusausführung. Auf der anderen Seite provoziert das lineare Modell monströse externe Effekte: Es verramscht selbst knappste Ressourcen als wären sie unerschöpflich und es vermüllt und verschmutzt Wasser, Luft und Erde; ganz zu schweigen von unserer kollektiven Verbundenheit mit der Schöpfung, falls davon überhaupt noch etwas übrig geblieben sein sollte. Linear macht irgendwann alles kaputt. Deshalb wurde die Kreislaufwirtschaft erfunden, die Circular Economy.
Wenn alles im Kreis läuft, geht nichts verloren oder versaut irgendwo die Landschaft. Wenn es keinen Abfall gibt, braucht man nichts wegzuwerfen. Nichts wird wirklich weggeworfen, sondern der Wiederverwendung zugeführt, dem Komplett-Recycling oder dem Upcycling. So werden zum Beispiel aus alten Fahrradschläuchen neue Gürtel, Deko-Artikel, Lampen oder Schirme. Meist hergestellt von smarten Startups, die nicht mehr mitmachen wollen beim Massenwegwerfen.
Damit nicht nur die Startups die Welt retten, sondern auch die Konzerne, wirbt zum Beispiel die Ellen MacArthur Foundation (Tipp: Im Netz besuchen!) in der Industrie für die Circular Economy. Konzerne wie Google, H&M, Nike oder Philips machen bereits mit. Wie immer in der modernen Wirtschaft spielt auch hier die Logistik eine zentrale Rolle.
Zentral deshalb, weil das ganze Zeug ja irgendwie zurück muss. Soll die Wirtschaft im Kreis laufen, muss irgendwer die Materialflüsse reorganisieren und dann transportieren. Weitaus anspruchsvoller als der Transport ist hierbei die Reorganisation. Denn eigentlich gibt es Recycling ja heute schon – es wird nur nicht ausreichend genutzt. So liegen zum Beispiel über 100 Millionen alter, ungenutzter Handys in deutschen Haushalten herum; in über 80 Prozent der Haushalte. Wir würden ja gerne Schubladen, Schränke, Speicher und Keller entrümpeln. Aber oft fehlen einfache Möglichkeiten der Rückverwertung. Hier könnten viele neue Logistik-Dienstleistungen entstehen.
Die Deutsche Post DHL ist bereits auf das neue Geschäftsmodell eingestiegen und bietet einen Elektro-Return-Service an. Man lädt sich ein Etikett aus dem Netz zum Ausdruck runter, klebt es auf einen Maxi-Brief, steckt Handy, Altkamera oder Smartphone rein – und gibt die Sendung kostenfrei auf. Sie wird dann klimaneutral mit der Post verschickt und wiederverwendet oder recycelt.
Natürlich könnte man bereits bei der Entwicklung darauf achten, dass neue Produkte besser repariert oder wiederverwendet werden können. Werden Produkte nicht mehr gekauft, sondern auch von Konsumenten gemietet, dann haben Hersteller eher Lust, Langlebigkeit zu produzieren. Oder wir kaufen einfach weniger Neues ein, für das wir dann Altes wegwerfen müssen.
Zum Beispiel kaufen wir – revolutionärer Gedanke – ein neues Smartphone nicht, wenn das neue Modell da ist, sondern wenn das alte kaputt ist. Das ist Utopie? So vernünftig ist kein Mensch? Weshalb Szenaristen mutmaßen: Die Verschwendung knapper Ressourcen wird nicht durch unsere Vernunft verhindert werden, sondern dadurch, dass die knappen Ressourcen so knapp werden und damit ihr Preis so prohibitiv stark steigt, dass niemand sie sich mehr leisten kann.
Nicht zuletzt deshalb spricht man vom „Regulativ des Marktpreis-Mechanismus“. Wenn die Vernunft des denkenden, fühlenden Menschen nicht ausreicht, dann muss ein seelenloser Preismechanismus retten, was noch zu retten ist. Ich weiß nicht wie Sie es halten, aber bevor ich mein Denken einem Mechanismus überlasse, denke ich lieber selber.