Der Hausbau als Beziehungskiller

Es soll ja Menschen geben, die mit einem Hausbau ihre angeknackste Beziehung retten wollen. Das gemeinsame Werk, so der Gedanke, soll sie fester aneinanderbinden. Klingt gut, aber leider ist das eine denkbar schlechte Strategie. Denn ein Hausbau bedeutet erst einmal: Stress und jede Menge zusätzlicher Probleme.

An unserem Lehrstuhl haben wir die „Bauherren-Studie 2017“ des Bauherren-Beraters Almondia wissenschaftlich begleitet. Dazu wurden insgesamt 1.046 Bundesbürger befragt. Eine Hälfte hatte in den letzten fünf Jahren ein Haus gebaut, das sie auch selbst bewohnen. Die andere Hälfte plant den Bau in den nächsten zwei Jahren.

Ein sehr großer Stressfaktor beim Abenteuer Hausbau ist die Tatsache, dass bei vielen Bauherren das Geld knapp wird. Laut Studie wurden drei von vier Eigenheime letzten Endes sehr viel teurer als geplant. Ein Drittel der Häuslebauer mussten bis zu 10 Prozent mehr hinlegen, bei jedem zehnten waren es sogar bis zu 30 Prozent mehr. Bei der ohnehin meist engen Haushaltslage dürften die unerwarteten Zusatzkosten für einigen Zündstoff sorgen. Oft geht es auch um die nackte Existenz. Denn um den Hausbau zu stemmen, muss sich so mancher hoch verschulden.

Weiterer Ärger droht, wenn sich der Einzug verzögert. Laut Studie war das bei jedem zweiten Bauvorhaben der Fall. Das ist besonders ungünstig, wenn der alte Mietvertrag schon gekündigt wurde und die neuen Möbel schon unterwegs sind. Dazu kommt, dass oft weniger Zeit für Familie, Partnerschaft und Job bleibt, weil sich alles um den Hausbau dreht.

Die ganzen Probleme strapazieren die Nerven. Das bestätigen auch Bauwillige, die sich in der Studie zu den Bauvorhaben ihrer Freunde und Verwandten äußerten. So berichtet jeder Dritte dass das Abenteuer zu Stress innerhalb der Familie geführt hat. Jeder zehnte sprach sogar davon, dass die Hausbauer berufliche Probleme bekamen.

Warum kommt es aber zu den Verzögerungen, und warum wird es am Ende oft teurer? Wie bei schleppend verlaufenden Bauprojekten in der Wirtschaft ist der Grund eine schlecht gemanagte Supply Chain. Denn auch bei einem Hausbau sind die Prozesse eng aufeinander abgestimmt: Ohne Estrich keine Fliesen. Und ohne Fliesen kann der Monteur keine Küchenschränke einbauen. Sprich: Wenn ein Handwerker nicht rechtzeitig fertig wird, kann der Nachfolger nicht tätig werden. Folglich verschiebt sich das Projekt nach hinten. Das war früher nicht anders als heute. Heutzutage sind die Zeitfenster aber oft besonders eng bemessen. Das erhöht natürlich den Druck, und der ganze Prozess wird anfälliger für Störungen.

Stolperfallen lauern an jeder Ecke. Ich habe das einmal im Kleinen bei einer Bekannten beobachtet. Sie und ihr Mann wollten einfach nur ihre Terrasse neu gestalten. Mit Drainagen, einem abschließbaren Sommergarten, und todschicken Spezialfliesen aus Italien, die wie echtes Holz aussahen. Die Fliesen kamen zwar rechtzeitig an. Allerdings waren die Mitarbeiter aus dem Versand wohl etwas unmotiviert, oder einfach nur schlecht geschult. Sie hatten die edle Ware nämlich nicht ordentlich für den langen Transport verpackt. Als der Fliesenleger loslegen wollte, fand er fast nur Ausschuss vor. Vor allem die Kanten hatten sehr gelitten. Die nun nicht mehr so schicken Fliesen wurden also wieder zurück nach Italien geschickt. Als der dann ordentlich verpackte Ersatz endlich ankam, hatte der Fliesenleger keine Zeit. Er war für die nächsten vier Wochen ausgebucht. Durch die niedrigen Zinsen ist Deutschland im Bauboom. Das macht Handwerker zu gefragten Leuten. Zum Glück war das Wetter vier Wochen später noch gut genug um die Fliesen zu verlegen.

Nun ist die Neugestaltung einer Terrasse kein Hausbau. Darüber hinaus ist die Ehe meiner Bekannten ausgesprochen harmonisch. Selbst ein schlecht organisierter Hausbau würde sie wohl nicht auseinanderbringen. Wenn es in der Ehe aber ohnehin schon kriselt, könnten die Strapazen die Scheidung noch eher beschleunigen. Was lernen wir also daraus? Bei Beziehungsproblemen ist der Paartherapeut definitiv die bessere Option als der Bau eines Eigenheims.

2 Kommentare zu „Der Hausbau als Beziehungskiller

  1. Klar, kann das echt stressig werden sowas. Heute schmeißen leider so viele hin, wenn’s mal irgendwie unrund läuft. Heißt es nicht: in guten wie in schlechten Zeiten?

    1. Danke, liebe Ava, für die thematische Erweiterung. Vielleicht sollten Priester und/oder Standesbeamte die Treue-Formel ergänzen in der Form: ‚In guten wie in schlechten Zeiten und selbst bei Hausbau oder Mietstreitigkeiten‘ …

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