Nike, kennen wir alle: Sportschuhe, Sportbekleidung, „Just do it!“, Leisure Wear. Letztes Jahr hat der US-Konzern im belgischen Ham ein Distribution Center gebaut, auf gut Deutsch: ein Auslieferungslager. Der Gebäudekomplex erstreckt sich über insgesamt 150.000 Quadratmeter, das Lager fasst unter anderem 18 Millionen Paar Schuhe. Beeindruckend. Aber nicht nur wegen der Konsumlawine, die wir Verbraucher, Konsumenten und Online-Besteller von Ham aus rollen lassen können.
Beeindruckend vor allem deshalb, weil hier ein Unternehmen zeigt, dass es auch anders geht. Nachhaltig. Alle reden ständig drüber, aber vom Reden wird’s ja nicht gut. Es gibt nichts Gutes, außer man tut es. In Ham tun sie es. Vierfach:
1) Keine fossile Energie für die Beheizung der Riesenfläche.
2) Viele Closed Loops, geschlossene Kreisläufe: So wenig wie möglich Energie geht verloren.
3) Bio-Diversifikation: Lebende Dächer und Fassaden, um Insekten und Vögeln eine Heimat zu bieten.
4) Gesundheitsförderung der Mitarbeitenden.
Man sieht es förmlich: sehr viel grün. Also nicht das, was wir normalerweise von Lagerhallen kennen: Beton und Stahl, drumherum viel Asphalt. Entweder sind auf den Dächern in Ham Grünflächen – oder Solarzellen. Selbst fürs Rasenmähen braucht es keine fossilen Brennstoffe: Schafe besorgen die Rasenpflege.
Mit den Solarzellen allein kann man natürlich keine Einrichtung dieser Größe mit Strom versorgen. Deshalb stehen in unmittelbarer Umgebung sechs große Windturbinen, die alternativ 5.000 Haushalte versorgen könnten. Dazu noch Solarpanels auf der Fläche von drei Fußballfeldern. Plus: ein thermisches Energiespeichersystem. Es speichert im Sommer Wärme, mit der man im Winter heizt. Heizen mit der Wärme des Sommers!
Diese Nachhaltigkeit ist kein insuläres Ereignis, sondern erstreckt sich auch auf die Supply Chain: 95 Prozent der ins Lager angelieferten Ware kommen per Schiff. Das Lager liegt direkt am Albert-Kanal. Was vom Lager rausgeht, wird hauptsächlich per Bahn ausgeliefert: So weit wie möglich soll auf LKW verzichtet werden. Denn Bahn und Schiff sind – bei voller Kapazitätsauslastung – deutlich umweltfreundlicher als der LKW. Außerdem entlastet jeder LKW, der nicht herumfährt, unseren Straßenverkehr, der in letzter Zeit wegen des Online-Booms von LKW geradezu überschwemmt zu werden scheint.
Die Kräne, die im Lager eingesetzt werden, haben einen Hybrid-Antrieb und gewinnen Energie zurück: Jedes Mal, wenn sie bremsen – wie in der Formel 1. Die Gebäude haben große Fensterfronten nicht nur, weil sich dahinter angenehmer arbeiten lässt. Sondern auch, um möglichst viel Strom für Beleuchtung zu sparen. Optische Kabel leiten das Tageslicht an Orte im Gebäude weiter, an denen nur wenige oder keine Fenster sein können.
Verpackungen, Kartons, Container, Plastik und Metall werden zu 95 Prozent recycelt. Die Fußwege auf dem Areal wurden mit recycelten Straßenbelägen angelegt. Auf so einem Gelände arbeitet man doch mit gutem Gewissen. Und gesund!
Denn wer mindestens an der Hälfte der Arbeitstage mit dem Rad zur Arbeit kommt, bekommt ein Firmenrad gestellt. Wer mehr als 15 km zur Arbeit hat, kriegt ein E-Bike. Das lässt sich sehen. Vor allem, wenn man bedenkt, wie teuer solche Räder noch sind.
Weil das alles so unglaublich nachhaltig, mitarbeiterfreundlich, gesund und zukunftsweisend ist, wurde das Lager dieses Jahr als Best Industrial and Logistics Development Building mit dem MIPIM Award ausgezeichnet.
Ham ist Projekt. Projekt für die Supply Chain of the Future. Haut Ham hin, kann Nike die Ideen, Konzepte und Erkenntnisse auf andere Standorte übertragen.
Fazit: Geht doch! Die von uns Online-Besessenen losgetretene Konsumlawine muss nicht zwingend Umwelt und Lebensräume vergiften und das Klima kaputt machen. Nicht, wenn kluge Unternehmen mitdenken und Geld in die Hand nehmen. Ich finde es nur schade, dass man solche positiven Beispiele nur selten in den Nachrichten findet, die ausnahmslos von Bad News, Skandalen und Politik gepachtet zu sein scheinen. Deshalb reden wir hier über Vorbildliches und wünschen uns, dass möglichst viele dem Vorbild folgen oder es zumindest honorieren. Wessen Turnschuhe und Sportklamotten ich kaufe, hängt nicht nur vom Preis ab …