Ja, sowas gibt’s: Flugzeugfriedhöfe. Wer das Stichwort googelt, findet Bilder im Netz, die schlicht beeindruckend sind: Flugzeug an Flugzeug, wie an der Schnur aufgereiht. Ein Meer von Heckflossen, das bis zum Horizont reicht. Auf dem größten Flugzeugfriedhof der Welt, dem Aerospace Maintenance and Regeneration Center in Tucson, Arizona, sind es derzeit rund 4400 stillgelegte Flugzeuge. Auf Flugzeugfriedhöfen werden die Flugzeuge jedoch nicht beerdigt.
Sie werden entweder geparkt, bis sie wieder gebraucht werden. Oder sie werden zu etwas sehr Begehrtem: zu Ersatzteilen. Derzeit gibt es regen Zulauf auf den Flugzeugfriedhöfen.
Denn die Fluglinien haben einen regelrechten Erneuerungswettkampf gestartet. Viele Airlines ersetzen im Moment alte Maschinen durch neue Flieger; die alten werden ausrangiert. Die Lufthansa zum Beispiel plant, sich 205 neue Flieger zuzulegen und zwar bis ins Jahr 2025. Mit Option auf 130 weitere Flugzeuge. Boeing hat allein in diesem Jahr bereits 410 Jets ausgeliefert an die diversen Fluggesellschaften. In der Regel gehen die Flugzeugkäufer dabei so vor wie wir beim Autokauf: Leistet man sich ein neues, kommt das alte weg. An diesem Punkt wird es heikel.
Denn die „alten“ Flieger, die ausrangiert werden, wären in den meisten Fällen noch für viele Jahre flugtauglich. Also warum schmeißt man etwas so Teures einfach weg? In Zeiten, in denen wir als Menschheit ab ungefähr Mitte des Jahres rein rechnerisch auf Pump leben, weil wir sämtliche Ressourcen aufgebraucht haben, die uns eigentlich zur Verfügung stehen?
Schuld daran ist der tobende Verdrängungskampf der Fluggesellschaften. Wie schlimm dieser wütet, davon zeugen aktuell die Pleite von Air Berlin oder auch der Notverkauf der Alitalia. Billigflieger wie Ryanair oder easyJet setzen den traditionellen Fluglinien mächtig zu.
Billigflieger haben eines gemeinsam: sehr junge Flotten. Bei Ryanair ist das Flugzeug im Schnitt 5,5 Jahre jung, bei den etablierten Fluglinien dagegen meist über 10 Jahre alt. Und wer fliegt schon gerne teuer in einer alten, wenn er auch billig in einer neuen Maschine fliegen kann? Natürlich wir. Am Ende haben wir es wieder in der Hand – wenn es uns bewusst wäre. Und wenn ein gutes Gewissen keinen Aufpreis hätte. Wobei die Sache nicht ganz so einfach ist – wie üblich.
Denn neue Flugzeuge passen nicht nur besser zu den gewandelten Bedürfnissen von uns Passagieren. Sie verbrauchen in der Regel auch weniger Kerosin, sparen damit Kosten und entlasten die Umwelt. Eine Airline hat das besonders eindrucksvoll demonstriert: American Airlines.
Sie stand 2011 vor der Insolvenz, hat sich berappelt, die Flotte erneuert und dadurch enorm Kosten eingespart: Seit der großen Erneuerung spart sie pro Flugstunde 1.500 Dollar. Das summiert sich Monat für Monat auf eine halbe Million Dollar Kosteneinsparung. Weil sich alle Fluglinien dieses Kostenspareffekts bewusst sind, wandern immer mehr ältere Flugzeuge auf den Friedhof. Die Friedhöfe der Welt erleben regen Zulauf.
Auch deshalb, weil es im Gegensatz zum Gebrauchtwagenmarkt keinen größeren Markt für Gebrauchtflugzeuge gibt. Selbst was noch Jahre flugtauglich wäre, findet keinen Käufer – am Stück. Die Einzelteile der Flugzeuge jedoch sind begehrte Artikel.
In Summe ergeben sie einen weitaus höheren Erlös als das komplette Flugzeug am Stück. Deshalb stehen viele Flugzeuge nur wenige Wochen auf dem Friedhof, bevor sie wiederverwertet sind. Rund zwei Wochen braucht ein Demontage-Team, um ein Flugzeug in seine wertvollen Einzelteile zu zerlegen. Sehr interessant ist dabei das Cockpit.
Darin finden sich die ganzen wertvollen Instrumente, die Flight Management-Systeme, die Flugüberwachungsgeräte. Doch auch die Triebwerke von Altflugzeugen sind begehrte Austauschteile. Was nach dem großen Ausbau vom Flugzeug übrig bleibt, presst der Bagger dann auf ein handliches Format.
So sehr es in der heutigen, ressourcenbewussten Zeit schmerzt, dass einwandfrei flugfähige und tadellose Maschinen einfach so ausrangiert werden, so erfreulich ist es doch, dass die neuen Maschinen sparsamer und umweltfreundlicher sind und dass gilt: Selbst Flugzeuge werden heutzutage recycelt!