Trump im Amt!

Der Deutschlandfunk meldet, dass ein hochrangiger europäischer Diplomat einen pessimistischen Ausblick auf die Amtszeit von Donald Trump gebe. Ein schöner Luxus, den sich die Wirtschaft im Gegensatz zur Politik nicht leisten kann: Werturteile statt Analysen.

Weder BMW noch Ford werden mit „Pessimismus“ auf die Drohung Trumps reagieren, sie mit 35 Prozent Strafzoll zu belegen, sollten sie die Pläne für den Bau neuer Produktionsstätten in Mexiko realisieren. Beide Firmen werden schleunigst einige Szenarien aufstellen und deren Kosten und Erlöse vergleichen: Ein typischer US-Fabrikarbeiter verdiente (2015) laut New York Times 37,71 US-Dollar die Stunde, sein Mexikanischer Kollege 5,90 Dollar (bei vergleichbarer Produktivität).

Also lautet die simple szenaristische Überlegung: Ist Mexikanischer Lohn plus Trump-Zoll immer noch günstiger oder doch etwa teurer als der teurere US-Lohn ohne Zollaufschlag? Das lässt sich für jedes einzelne Produkt problemlos ausrechnen. So macht man das in der Wirtschaft. Unaufgeregt. Entscheidungsorientiert. Pessimismus ist keine Management-Methode.

Wenn Trump tatsächlich „America First!“ regieren und Importe verteuern sollte, dann trifft das zunächst einmal Amerika selbst: Die größte Konsumnation der Erde importierte (2014) für 2,19 Billionen US-Dollar Waren aus anderen Ländern (eine Billion sind tausend Milliarden). Sie exportierte lediglich für 1,45 Billionen.

Dreht Trump in dieser Lage zum Beispiel via Zölle am Importhahn, dann verlieren die unteren Einkommensschichten stärker als die oberen an Kaufkraft und Lebensqualität, weil sie anteilig stärker von Importen profitieren. Das ist gemein, das ist unfair, das ist kurzsichtig, selbstschädigend und riecht nach Eigentor, doch das ist wie wenn der Blitz in die Scheune schlägt: Da beklagt man nicht die Ungerechtigkeit des Schicksals, sondern stellt sich darauf ein und zieht zur rechten Zeit die richtigen Konsequenzen. Also spätestens jetzt.

Man rechnet zum Beispiel mit einem Rückgang des internationalen Handels und einer Intensivierung der inneramerikanischen Transporte. Logistiker und Supply Chain Manager werden Präsenz und Kontakte in den USA stärken. Damit sie genügend Frachtkapazitäten zur Verfügung haben, wenn Trump ernst macht. Bevor die Kapazitäten knapp werden, weil die Logistikdienstleister alle ausgebucht sind. Teile der Supply Chain müssen neu aufgestellt werden, Lieferanten werden neue Standorte aufbauen – Pläne und Maßnahmen dafür werden schon jetzt in die Schubladen gelegt. Deshalb jammert nur die politische und mediale Szene über Trumps Amtsantritt. Die Wirtschaft und das Supply Chain Management haben Besseres zu tun. Vor allem deshalb, weil Trump keine Überraschung ist.

Seit 2014 sind weltweit 170 neue Handelshemmnisse von Regierungen und Bürokratien beschlossen worden. Globalisierung ist ein schönes Modewort, doch in den Supply Chains schlagen wir uns jeden Tag dutzendfach mit dem Gegenteil herum. Mit Protektionismus, Überregulierung und unterbezahlten Funktionären, deren erste Sorge nicht dem schnellen Abfertigen von Fracht, sondern der Frage gilt, wie sie die Miete für den nächsten Monat bezahlen sollen.

Handelshemmnisse, Protektionismus, Vulkanausbrüche, Tsunamis, Erdbeben, Trump… Kein gestandener Supply Chain Manager, keine erfahrene Supply Chain Managerin wird sich von solchen Diskontinuitäten noch überraschen oder gar echauffieren lassen. Wir leben schließlich im Zeitalter der Disruption. Wer nicht täglich mit Katastrophen und Strukturbrüchen rechnet, ist kein Realist. Wer mit allem rechnet, kommt mit allem zurecht. Wir könnten alle davon lernen.

Denn wir alle jammern nur zu gern über jedwede Veränderung, die auch nur entfernt unsere Comfort Zone bedrohen könnte. Neulich klagte eine Bekannte: „Ich wüsste nicht, was ich täte, wenn ich meinen Job verlieren und für eine neue Arbeit 30 km pendeln müsste!“ Das ist der Fehler.

Nicht der Jobverlust, sondern dass sie es tatsächlich nicht weiß, weil sie nicht darüber nachdenkt. Trifft es sie dann irgendwann, weil ihr Arbeitgeber tatsächlich gerade wackelt, trifft es sie unvorbereitet – der schlimmste Treffer. Anders herum: Szenariert, antizipiert sie auch diese Entwicklung, erlebt sie einen unübertroffenen Triumph: Sie hat es kommen sehen! Sie hatte Recht. Sie ist vorbereitet, sie ist handlungsbereit, sie kommt mit allem zurecht. Das ist Zukunftskompetenz. Wer über die schlimmen Zeiten klagt, hat noch nicht genug davon. 

2 Kommentare zu „Trump im Amt!

  1. Sehr geehrte Frau Prof. Dr. Hartmann, im Grundsatz und im Ergebnis teile ich Ihre Analyse. Nach meinem Dafürhalten würden die Strafzölle aber eh nur auf außerhalb der Staaten produzierte und nun dort zu importierende Fahrzeuge anfallen. Die Hersteller wie BMW und Mercedes, die sogar mehr Fahrzeuge in den Staaten produzieren als sie dort verkaufen, müssen sich allenfalls für die Modelle, deren Produktion außerhalb der US liegt , etwas einfallen lassen. Und dann stimmt der Rückschluss auf günstige Produktionsbedingungen in Mexiko ja auch wieder. Ein paar mehr grundsätzliche Überlegungen müssen jedoch in Wolfsburg angestellt werden. Viele Grüße…

    1. Lieber Herr Backer! Da haben Sie ein treffendes Bonmot geprägt: ‚Ein paar mehr grundsätzliche Überlegungen müssen jedoch in Wolfsburg angestellt werden.‘ Wie wahr! Das haben Sie mit feinem englischem Understatement pointiert getroffen!

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