Online-Salat

Nein, damit meine ich nicht den Absturz vom Internet oder das Hängen des Browsers beim Surfen, sondern im Sinne des Wortes den Einkauf von Salat, Gemüse, Obst, Bier, Dosensuppe – online.

Edeka und Rewe liefern bereits seit längerem Lebensmittel über ihre Online Shops. Rewe hat mächtig investiert, weil Rewe weiß, dass amazon seit langer Zeit den großen Auftritt plante. Jetzt ist die Sache spruchreif: Vor einigen Tagen ging Amazon Fresh in Deutschland online.

Zwar gibt es das Angebot bislang nur in Berlin und Potsdam, doch nach diesen Testmärkten soll das Angebot bundesweit kommen. Aus gutem Grund: Die Wachstumsrate für Online-Lebensmittel soll sich bis 2020 verdreifachen – der nächste Boom-Markt. Interessant scheint das Angebot zunächst vor allem für junge Menschen zu sein, die technologie-affin sind und derart aktiv im Leben unterwegs, dass sie für so profane Dinge wie den Lebensmitteleinkauf im Ladengeschäft weder Zeit noch Lust haben oder Einkaufstütenschleppen für total out halten. Tatsächlich macht der Schlepp-Aspekt die Sache für die diametrale Zielgruppe weitaus interessanter.

Seniorinnen und Senioren, die aus gesundheitlichen und konstitutionellen Gründen sehr viel weniger in der Lage sind, schwere Tüten zu schleppen oder überhaupt mit dem eigenen Auto oder den öffentlichen Verkehrsmitteln zum Einkaufen zu kommen, können sich alles Lebensnotwendige an die Haustür liefern lassen – wenn nicht sogar aufs richtige Stockwerk.

Interessant ist auch, dass mit Edeka und Rewe zwei Händler Lebensmittel ausliefern, während mit Amazon ein Unternehmen des E-Commerce (die Gewerkschaft wird das ungern lesen) nicht nur Bücher und Kleider liefert, sondern jetzt auch Nahrungsmittel. Das ist ein interessantes Experiment: Wer kann Lebensmittel besser?

Letztendlich entscheidet darüber nicht die Güte und Qualität der Lebensmittel, sondern Güte und Qualität der Logistik. Anders gesagt: Erst die Same Day Delivery macht so ein Angebot überhaupt sinnvoll. Wer kauft denn heutzutage ausschließlich noch nach Einkaufsliste für den Wochenbedarf ein?

Immer häufiger wird doch der Fall sein, dass ich mittags spontan Lust auf Gegrilltes zum Abendessen habe, vielleicht laden sich auch ein paar Kolleginnen und Kollegen überraschend auf ein Bier ein – aber weder Grillgut noch Kohle oder gar Bier sind in ausreichender Menge vorhanden. Also bestellt Frau über Mittag und zum Feierabend trifft die Lieferung zu Hause ein. Wenn die Logistik das angeklickte Zeitfenster einhalten kann. Auch das ist eine Herausforderung, die darüber entscheiden wird, wer das Rennen im Lebensmittel-Onlinegeschäft macht. Flexibilität, Lieferfähigkeit, Schnelligkeit, Frische, Qualität, Preiswürdigkeit und vor allem Service werden den oder die Sieger auszeichnen. Mit der Betonung auf „Service“. Denn der Trend beim Einkauf geht klar in Richtung Convenience: Der Kunde, also wir, möchte es so bequem und angenehm wie möglich haben. Am Ende heizt der Lieferjunge noch den Grill im Garten an …   

Also noch mehr Kleinlaster im ohnehin schon kollabierenden Stadtverkehr? Wir alle bestellen und genießen und die Umwelt und unsere Ohren und Lungen bezahlen die Zeche? Auch das ist ein hoch interessanter Aspekt eines der größten Wirtschaftsexperimente unserer Zeit: Was kommt unterm Strich dabei für die Umwelt heraus?

Natürlich fahren dann noch mehr Lieferwagen. Doch dafür fahren weniger Leute zum Supermarkt. Ein Lieferwagen kann erreichen, dass fünf, sieben, zehn PKW in der Garage bleiben. Wodurch auch der Stadtverkehr entlastet wird.

Außerdem weiß man vom bereits erfolgten Start von Amazon Fresh in England, dass Amazon vielen kleinen, regionalen Produzenten und Bio-Läden eine Plattform bietet. Die Äpfel kommen dann nicht mehr nur aus Neuseeland, sondern von der Apfelplantage drei Ortschaften vom Besteller entfernt: Auch diese kurzen Wege vom Erzeuger zum Verbraucher entlasten die Umwelt.

Wir am Lehrstuhl freuen uns jedenfalls über das neue Angebot und werden es testen, sobald es bundesweit eingeführt wird. Eine Liste mit potenziellen Testgütern vom Salat übers Müsli bis zum Kasten Weizenbier kursiert schon inoffiziell am Lehrstuhl und wir testen dann: Wer liefert die beste, frischeste, termingenaueste Qualität zum besten Preis/Leistungsverhältnis? Wir testen das und das können Sie auch.

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