The Next Big Thing

Alle sprechen über 5G. Vor allem im Zusammenhang mit einem chinesischen Netzausrüster, vor dem die USA die restliche Welt warnen. Viel mehr wissen die meisten nicht über 5G. Was etwas zu wenig ist.

Denn die fünfte Generation der Mobilfunktechnik ist nicht nur jene, die auf die vierte folgt. Sie ist tatsächlich ein Quantensprung. Sie soll eine Datenübertragung ermöglichen, die zehn bis hundert Mal schneller ist als die bisherige Technologie. Und das für nur ein Tausendstel des Energieverbrauchs der alten Technologie. Kurz und gut: Bislang unvorstellbare Datenmengen können übertragen werden – in Echtzeit. Uns Handy-Daddler interessiert das (noch) wenig.

Denn um ruckelfrei Kino-Filme und Serien auf dem Handy zu streamen, reichten auch schon 3G und 4G. So gesehen bräuchten wir den neuen Mobilfunkstandard nicht unbedingt – doch die Industrie braucht ihn. Für die Industrie ist der neue Standard The Next Big Thing. Experten sagen, dass der Sprung von 4G zu 5G vergleichbar ist mit dem Sprung von der analogen Ära ins Internet-Zeitalter. Keine leeren Worte.

5G-Pilotprojekte bestätigen das. Auf dem riesigen Gelände des Hamburger Hafens zum Beispiel fahren die autonomen LKW’s Kolonne. Alle Laster hintereinander her. Windschatten spart Benzin. Der Haken: Wenn die Ampel auf Rot schaltet, kann sie den Konvoi in der Mitte auftrennen – und dann bleibt er liegen; Katastrophe.

Im realen Straßenverkehr muss der smarte Konvoi der smarten Ampel sagen können: Wir sind noch nicht durch! Damit die Ampel die Grünphase verlängert. In Echtzeit. Das schafft nur 5G.

Auch dem Ingenieur und Architekten hilft 5G. Er (und sie) kann zum Beispiel mit einer Augmented Reality-Brille sehen, wo in einem Stadtviertel genau die Gas-, Wasser- und Stromleitungen verlaufen und mögliche Baumaßnahmen am ergänzten Bild der Realität in Echtzeit durchplanen.

Oder die BASF. Sie testet 5G auf ihrem Gelände. Zum einen mit autonomen Fahrzeugen, die bislang via WLAN gesteuert wurden: Das funktioniert nicht wirklich gut, dafür ist die Datenmenge einfach zu groß. Mit 5G geht das. Oder in der Produktion, wo viele Sensoren die smarte Produktion steuern. Jeder Sensor liefert zwar nur wenige Daten. Doch da so ein Produktionsprozess sehr, sehr viele Sensoren benötigt, kommt doch wieder eine unvorstellbare Datenmenge zusammen. Zu viele für 4G.

Kein Wunder, dass die Versteigerung der 5G-Frequenzen im März mit Spannung erwartet wird. Das wird sicher wieder ein Milliardengeschäft, für das sich die Telekom, Vodafone, Telefonica und Drillisch bewerben. Interessiert uns wenig? Ja, denn mit 5G-fähigen Endgeräten für Verbraucher wird erst für 2025 gerechnet. Das erklärt auch, warum bislang die Informationen zu 5G recht spärlich gesät sind.

Wobei die Vergabe der 5G-Frequenzen nur das eine ist. Das andere ist der 5G-Netzausbau. Wer auf dem Land eine Firma betreibt, hat ja bereits jetzt von Region zu Region Probleme, die Updates für seine Maschinen herunterzuladen. Das schnelle Internet ist stellenweise nicht wirklich schnell und nicht wirklich überall verfügbar. Wir liegen also digital jetzt schon in einigen Bereichen hinten – und nun zieht das Tempo der digitalen Transformation mit 5G deutlich an. Das kommt uns ungelegen.

Denn aktuell freuen wir uns über die vollen Auftragsbücher und haben schlicht weder Zeit noch Lust, uns mit neuen Standards wie 5G zu beschäftigen. Das hilft bloß leider nichts. Wir machen digital keine gute Figur. Wir sollten das ändern.