Noch so ein Schlagwort unserer Zeit. Was ist ein Hackathon? Ein Hackathon ist wie ein Marathon – nur digital. Und länger. Einen Marathon absolviert auch ein gut trainierter Hobby-Läufer in vier Stunden. Ein Hackathon dauert normalerweise zwei Tage.
Für einen Marathon-Lauf treffen sich viele Leute – beim Hackathon auch (jedoch meist digital). Dann laufen sie nicht, sondern hecken eine digitale Lösung (einen sogenannten Hack) für ein digitales oder analoges Problem aus.
Ursprünglich kommt die Methode aus der Soft- und Hardware-Entwicklung, wo sie ein probates Mittel ist, um knifflige Probleme schnell, umfassend und im Team zu lösen.
Den ersten Hackathon gab es 1999 – die JavaOne-Konferenz. Wie der Name schon sagt, ging es darum, Anwendungen für die Programmiersprache Java zu diskutieren und neue Lösungen zu finden.
In der Regel dauert so ein Hackathon 48 Stunden. Die Leute kommen (virtuell) zusammen, organisieren sich eventuell in Kleingruppen und hecken gemeinsam Lösungen aus. Es gibt Hackathons mit begrenzter und mit unbegrenzter Teilnehmerzahl. Anlässlich der Corona-Krise hat die deutsche Bundesregierung zum Beispiel einen Hackathon zu den Fragen ausgerichtet: Wie lassen sich Infektionsketten besser verfolgen? Und wie können Krankenhausbetten effektiv zugeteilt werden?
Man lese und staune: Insgesamt 42.000 Teilnehmer haben sich, weitgehend unbeachtet von skandallüsternen Mainstream-Medien (Probleme liefern fettere Schlagzeilen als Lösungen), am Hackathon der Regierung beteiligt. 1.500 Lösungsvorschläge kamen heraus, 20 davon wurden zur Realisierung ausgewählt. Ziel des Hackathons war, Ideen zu entwickeln, die mehr oder weniger marktreif sind. Zu den ausgewählten Lösungen zählen unter anderem eine Online-Plattform für die Organisation der Nachbarschaftshilfe während der Krise oder auch eine Plattform, die zeigt, wie viele Schutzmasken zur Verfügung stehen.
Dabei organisierten sich die vielen Teilnehmer in verschiedenen Teams, um die Produkte und Lösungen zu entwickeln. Ein Team hat zum Beispiel eine App programmiert, die es Unternehmen einfacher macht, das Dickicht des Formularbürokratiedschungels zu durchdringen und Kurzarbeitergeld zu beantragen. Mittlerweile arbeitet dieses Team mit der Agentur für Arbeit zusammen, die erfreulicherweise und möglicherweise krisenbedingt ebenfalls ein Interesse an entbürokratisierten Abläufen hat.
Beim selben Hackathon im Auftrag der Bundesregierung entstand auch eine App, die dem User verrät, ob er in Infektionsgefahr schwebt oder nicht. Er beantwortet dafür der App verschiedene Fragen – und muss damit nicht seinen überlasteten Hausarzt belästigen. Auch eine Online-Lösung zur Anzeige der Auslastung von Krankenhäusern wurde erarbeitet: Wo gibt es noch freie Betten?
Dieser Hackathon war so erfolgreich, dass auch die EU-Kommission einen eigenen, den ersten europaweiten Hackathon veranstaltete, der vom 25. bis 26. April unter #EUvsVirus stattfand. Über 30.000 Start-ups, NGO’s und Privatpersonen nahmen teil und entwickelten unter anderem eine Logistik-Plattform, die den Bestand und Bedarf an medizinischen Schutzartikeln auf einem Marktplatz zusammenbringt, wobei sich der Laie, Bürger und potenzielle Corona-Betroffene dann schon betroffen fragt: Das gab’s vorher noch nicht?
Wer ist denn dann sonst für die Risiko-Vorsorge im Pandemiefall zuständig? Die Landshuter Feuerwehr? Das Pinneberger Rote Kreuz? Wie managen EU und Regierungen denn sonst diesen und andere krisenwichtige Bedarfe mit modernen, digitalen Mitteln? In drei Worten: bisher offensichtlich nicht. Das hat man nun davon, wenn die Leute so wenig in Volkswirtschaftslehre im Allgemeinen und Ordnungspolitik im Speziellen aufgepasst haben, dass sie Staatsversagen mit Liberalismus verwechseln.
Zum Glück setzen in der Wirtschaft zeitgemäß gemanagte Unternehmen in Zeiten von Agile und Scrum längst auch außerhalb von ausgesprochenen Krisen auf die Methode Hackathon. Weil die Methode agil ist, weil sie schnelle und gute Ergebnisse liefert, sofern sie funktionsübergreifend besetzt ist. Und weil sie von allen akzeptiert wird, da sie allen Beteiligten einen hohen Grad an Kreativität, Spontaneität, eigenständigem Denken und kollegialer Kollaboration garantiert. Das begeistert. Und was begeistert, liefert begeisternde Ergebnisse. So einfach ist Problemlösung manchmal.
Verglichen mit „ganz normalen“ Meetings (falls Meetings jemals „normal“ sein können) ist so ein Hackathon sehr viel produktiver, effizienter, innovativer und kooperativer und liefert insbesondere Solutions out of the Box. Das schafft vor allem das Zeitlimit: Nach zwei Tagen ist Ende Gelände und spruchreife Lösungen liegen vor. Das ist ultra-agil, wenn man es mit den üblichen mehr oder weniger arthritischen Entscheidungsprozessen von ganz normalen Meetings, Unternehmen und Organisationen vergleicht – oder von Parlamenten und Regierungen.