Vor kurzem veranstaltete der Bundesverband Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (BGL) ein interessantes Webinar zum Thema „Wasserstoff als Lösung für den Straßengüterverkehr“; prominent besetzt aus Politik und Wirtschaft. Wasserstoff in der Logistik? Endlich läuft die Diskussion.
Denn das Elektrofahrzeug, das aktuell so gehypt wird, macht bereits als PKW eine unglückliche Figur (einige Gründe s.u.). Der Vertreter eines namhaften deutschen LKW-Herstellers rammte auf der Veranstaltung dann auch dicke Pflöcke ein: Bis 2050 will man CO2-neutral sein. Um das zu erreichen, muss spätestens 2040 der letzte Diesel-LKW vom Band rollen – zehn Jahre Lebenszeit gibt man einem Diesel-Laster im Schnitt.
Also geht es um die Frage: Was muss bis 2040 passieren, damit spätestens dann der letzte Diesel produziert wird? Hier gehen die Wege von Politik und Wirtschaft auseinander. Der Vertreter des Ministeriums wies mit berechtigtem Stolz darauf hin, dass die Regierung die vielfältigsten nachhaltigen Lösungen fördere: von Elektro über Wasserstoff bis hin zu Oberleitungs-LKW. Der Vertreter des LKW-Herstellers dagegen meinte sinngemäß, dass es sich kein Hersteller leisten könne, seine knappen Ressourcen an Finanzen und Ingenieuren derart breit zu streuen: Wer an zu vielen Fronten forscht, bekommt keine Lösung schnell genug marktreif. Um nicht irgendwann, sondern tatsächlich bis 2040 auf den Diesel verzichten zu können, müssen und werden sich die vorhandenen Ingenieure und Techniker auf zwei Schwerpunkte konzentrieren: Elektro- und Wasserstoff-Antrieb.
Wasserstoff wird bislang noch in zu geringer Menge „grün“ erzeugt, also ohne monumentalen CO2-Ausstoß bei der Produktion. Doch sobald es genügend grünen Wasserstoff gibt, ist das die Schlüsselenergie der Zukunft. Denn im Gegensatz zur Elektroenergie lässt sich Wasserstoff in geradezu beliebiger Menge speichern und auf Vorrat herstellen. Außerdem schlägt er das Elektrofahrzeug in zwei weiteren Punkten: größere Reichweite und kein Entsorgungsproblem. Ist der Wasserstoff verbraucht, bleibt nur Wasser übrig. Beim E-Auto dagegen hoch giftige Akkus, deren bislang ungelöste Entsorgung von einigen Experten inzwischen mit der Entsorgung von abgebrannten radioaktiven Brennstäben verglichen wird: Wir schaffen aktuell ja noch nicht einmal ein Endlager für Brennstäbe. Wie wollen wir dann Millionen alter Akkus zwischen- und endlagern? Geschweige denn recyceln?
Wasserstoff hat dieses Entsorgungsproblem nicht, weshalb er in der Logistik vielfältig eingesetzt werden kann: für LKWs und auch bei der Binnenschifffahrt. Auf der Straße lohnt sich laut Hersteller der Wasserstoffantrieb ab einem 7,5-Tonner. Und trotzdem dreht sich die mediale und öffentliche Diskussion fast ausschließlich um das vielbeschworene Elektrofahrzeug. Dabei zeigen Studien mittlerweile, dass die Herstellung eines E-Autos einen deutlich höheren CO2-Ausstoß verursacht als die Herstellung eines Diesels. Das E-Auto muss also auf der einen Seite sehr lange und weit CO2-arm fahren, um diesen Nachteil über seine CO2-Einsparung beim Fahren wettzumachen. Möglicherweise in der Praxis länger, als es überhaupt mit demselben Akku läuft.
Zum anderen ist ein E-Auto nur dann wirklich nachhaltig, wenn es auch mit grünem Strom fährt. Doch bislang beziehen wir Strom immer noch aus eigenen Braunkohle- und fremden Kernkraftwerken. Und erreichen mit dem E-Auto eine geringere Reichweite als mit Wasserstoff. Dafür müssen wir länger laden. Wasserstoff dagegen tankt sich in nur unwesentlich längerer Zeit als Diesel.
Natürlich fehlt die Tankinfrastruktur für Wasserstoff noch fast komplett. Das wird Milliarden kosten, die umso leichter fließen werden, je stärker sich der Staat engagieren wird. Das tut er bereits bei der Anschaffung von Wasserstofffahrzeugen: Bis zu 80 Prozent der Mehrkosten eines H-Lasters gegenüber der Anschaffung eines Diesels werden vom Staat bezuschusst. Das ist eine Anschubhilfe, doch selbst damit kostet ein H-Laster immer noch mehr als ein vergleichbarer Diesel. Hersteller versprechen: Sobald das Tankstellennetz einmal ausgebaut ist, könnten die Vollkosten eines Wasserstofflasters geringer sein als die eines Diesels – und das könnte bereits 2025 der Fall sein.
Eine weitere Überlegung spricht für Wasserstoff: Rechnet man einmal hoch, für wie viele Millionen E-Autos und Milliarden elektrischer Geräte die grünsten Träume in den nächsten Jahren Strom benötigen, ernüchtert das Ergebnis: So viel Strom lässt sich gar nicht erzeugen, respektive im Netz verbreiten, dass wir damit all das betreiben können, was wir betreiben wollen. Es sei denn, wir ignorieren sämtliche Klagen von besorgten Bürgern und bauen die Stromnetze entsprechend aus und die Erzeugung auf. Zum Beispiel mit findigen Ideen: Schon allein 8 Prozent der weltweiten Wüstenflächen würden ausreichen, um den aktuellen weltweiten Bedarf an elektrischer Energie mit Solar-Energie zu decken. Und allein indem wir die Sonnenenergie vollumfänglich nutzen, könnten wir 5.000 Mal mehr Energie herstellen als dem aktuellen Weltenergiebedarf entspricht. Es ist wie mit der Nahrung und dem Hunger in der Welt: Theoretisch wäre mehr als genug für alle da. Wir schaffen es lediglich nicht, das, was vorhanden ist, auch sinnvoll zu nutzen. Noch nicht. Ob unsere Kinder es einmal besser machen?
Vielen Dank für den interessanter Artikel!
Toller Blog.
Lieber Max: Vielen Dank für Ihr Interesse an Thema und Text! Und einen speziellen Dank für Ihr Kompliment an den Blog – das Team von Recherche und Redaktion und natürlich ich selber freuen uns sehr darüber. Schön, wenn sich’s lohnt.