Schon den letzten Schrei im aktuellen Digitalisierungs-Hype-Cycle gehört? Er lautet: Robotics Process Automation. Was ist das nun wieder?
Es geht nicht um Roboter, wie der Begriff suggeriert. Es geht um keine Roboter wie zum Beispiel R2D2 aus „Star Wars“. Es geht vielmehr darum, dass Maschinen Arbeitsprozesse übernehmen, die früher Menschen erledigten. Zum Beispiel bei der Datenerfassung.
Nehmen wir an, ich melde mich bei einem Online-Versender an. Weil er gut, günstig und nachhaltig ist. Ich gebe also meine Kundendaten in die Maske am Bildschirm ein. Die Daten müssen nun irgendwie ins Enterprise Resource Planning-System gelangen, also in die Riesendatenbank des Unternehmens. Früher gab diese Daten der Kundenbetreuer oder ein Sachbearbeiter ins System ein. Heute macht das ein Computer – dank RPA, Robotics Process Automation.
Auf diese Weise übernehmen immer mehr Maschinen, Computer und Automaten immer mehr Tätigkeiten, die früher ein Mensch machte. Vor allem in Branchen, die einen sehr hohen Service-Aufwand betreiben. Wenn zum Beispiel ein Konzern einen Performance-Report über seine Lieferleistung erstellt. Täglich. Sowas braucht man. Sowas erstellte bislang ein Sachbearbeiter, der mehrere Stunden die nötigen Zahlen dafür zusammenstellte. Mühsam, zeitraubend und oft leider auch recht geisttötend. Und das Tag für Tag. Das macht heute die RPA – und den Sachbearbeiter arbeitslos?
Nein, der ist froh, dass er die nervtötende Aufgabe los ist und sich jetzt um anspruchsvollere und ansprechendere Aufgaben kümmern kann. Im Idealfall. Im weniger idealen Fall hat ihn der Robot tatsächlich arbeitslos gemacht. Solche Robots sind nicht neu. Computer-SpielerInnen kennen sie schon lange, zum Beispiel aus „World of Warcraft“.
Ständig für das Spiel Edelsteine und Waffen zu sammeln, ist für viele fortgeschrittene SpielerInnen einfach zu monoton und langweilig. Deshalb delegierten sie schon vor Jahren solche sturen und repetitiven Tätigkeiten an sogenannte Bots, die von den Spiele-Herstellern weder vorgesehen sind noch zugelassen, aber von SpielerInnen auf der ganzen Welt gerne eingesetzt werden. Ganz anders ist das in der realen Wirtschaft.
Hier ist die Übernahme von monotonen und repetitiven Tätigkeiten durch Robots nicht nur zugelassen, sondern erwünscht und eifrig genutzt. Pikant ist, dass man solche Aufgaben früher massenweise nach Indien oder in andere asiatische Länder outsourcte. Jetzt holen Unternehmen diese Aufgaben wieder zurück ins Unternehmen und geben sie den Robots. Für die asiatischen Auftragnehmer ist das natürlich hart. Doch sie suchen und finden inzwischen neue Aufgaben – zum Beispiel bei der Entwicklung eben solcher Robots. Viele dieser Robots werden nämlich in Indien entwickelt.
Zunächst klingt das schön: Robots nehmen uns stupide Aufgaben ab. Die Sache hat leider, neben der mutmaßlichen Arbeitsplatzvernichtung, noch einen Haken: Oft übernehmen Robots auch Prozesse, die schlicht veraltet sind. Wenn ich mich zum Beispiel in einem neuen Online-Shop anmelde: Warum muss ein Robot meine Daten ins ERP übertragen? Warum macht die Anmelde-Software das nicht schon automatisch?
Gute Frage, einfache Antwort: Weil dieser Arbeitsprozess offensichtlich veraltet ist. Anstatt die Anmelde-Software schlanker und vernetzter zu programmieren, wird einfach ein neuer Robot auf den alten Arbeitsprozess gesetzt. Ohne zu fragen, ob der alte Prozess nicht etwa gar zu alt ist und besser von Grund auf neu, effizienter, schneller und kundenfreundlicher angelegt werden könnte. Eine Managerin im Großhandel bemerkte dazu sarkastisch: „Viele unserer Robots halten im Grunde Mumien künstlich am Leben.“ Das ist schön.
Denn es bedeutet: Robots machen Menschen nicht prinzipiell überflüssig. Vielmehr fordern sie uns auf, Prozesse nicht nur zu robotisieren, sondern auch effizienter zu gestalten. Deshalb trifft der Robot auch auf extrem hohe Akzeptanz – auf Vorstandsebene. Beim „normalen“ Arbeitnehmer eher weniger.
Denn viele Zukunftsforscher warnen: In den nächsten zwei Jahrzehnten könnte durch Robots und andere technologische Trends gut die Hälfte aller Berufe automatisiert werden. Viele fehlinterpretieren diese Prognose als: Die Hälfte aller Menschen wird arbeitslos! Diese Furcht ist weniger Fakt als Self-Fulfilling Prophecy: Je heftiger uns die Furcht lähmt, desto weniger denken wir darüber nach, welche anspruchsvolleren, nützlicheren, sinnvolleren und gewinnbringenderen Tätigkeiten wir für jene Menschen suchen und finden können, deren Arbeit in Zukunft ein Robot macht. Und genau darin liegt die Herausforderung der Zukunft. Nehmen wir sie an!