Einige Zukunftsforscher meinen, dass in den nächsten zwei Jahrzehnten bis zu 50 Prozent der Berufe digitalisiert werden könnten. Viele Menschen haben diese oft und weit verbreitete Prognose umgedeutet in: „Die Hälfte von uns wird arbeitslos!“ Digitalisierung = Arbeitslosigkeit? Die Angst ist verständlich. Dass sie von bestimmten Experten, Social Media-Passagieren und Medientreibenden geschürt wird, ist ebenso nachvollziehbar. Natürlich stimmt die Gleichung so nicht.
Bei der populären Panikmache wird regelmäßig unterschlagen, dass die Digitalisierung auch neue Arbeitsplätze schafft; meist hoch qualifizierte Jobs: Data Scientist, Social Media Manager, Cybersecurity-Experte, Digital Coach, Chief Transformation Officer … Die Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) kam jetzt (im Auftrag eines Beratungsunternehmens) auf die verdienstvolle Idee, jene zu fragen, die im Zweifelsfall einer schlimmen Zukunft die Jobs streichen werden: Managerinnen und Manager. Aus der aktuellen Studie ergibt sich ein etwas anderes Bild der Digitalisierung.
Noch im letzten Jahr meinten lediglich 19 Prozent der befragten Führungskräfte, dass die Digitalisierung auch neue Jobs schaffe – heute sind es bereits 27 Prozent. Das bedeutet: Die andere Seite der Digitalisierung wird auch und gerade im Management immer transparenter und bekannter. Man könnte auch meinen: Die Zahl jener Führungskräfte, die die Digitalisierung lediglich als neue Methode zur Effizienzsteigerung (sprich Kostensenkung, sprich Entlassungen) gründlich missverstehen, ist im Rückgang begriffen. So überraschend ist das nicht.
Es ist im Gegenteil sehr plausibel: Jede monotone und repetitive Tätigkeit, die ein Robot oder eine Künstliche Intelligenz mir abnimmt, gibt mir mehr Zeit für sinnvollere, anspruchsvollere und fürs Unternehmen lukrative und rentable Aufgaben. Wenn ich diese nicht wahrnehme (weil der Chef mich rausschmeißt, sobald er die KI einstellt), schädigt sich mein Chef und Unternehmen selber – sowas machen Chefs nicht. Es sei denn, sie sind gerade klamm und müssen auf Teufel komm raus Kosten senken – aber dann kommt dabei ja auch der Teufel raus. Leute zu entlassen, ist keine nachhaltige Erfolgsstrategie, solange andere Unternehmen jene Aufgaben übernehmen und anpreisen, für die entlassende Unternehmen dann keine Arbeitskräfte mehr haben. Die Einsicht in diesen simplen betriebswirtschaftlichen Zusammenhängen, für die man/frau noch nicht einmal BWL studiert haben muss, scheint sich langsam aber stetig durchzusetzen. Das zeigt auch die Studie.
Sie zeigt, dass die Zahl jener Führungskräfte, die wegen der Digitalisierung ein Jobsterben erwarten, abnimmt. Vor einem Jahr erwarteten 20 Prozent der Befragten digitale Jobverluste. Jetzt sind es nur noch 17 Prozent. Es wird wohl auch bei der Digitalisierung nicht so heiß gegessen wie gekocht. Die Massenarbeitslosigkeit wegen der Revolution der Maschinen scheint vorerst abgesagt. Trotzdem übernehmen heute schon viele Chat-Bots, Robots und Künstliche Intelligenzen Aufgaben, die bisher Menschen gemacht haben – und das trifft viele Menschen.
Es trifft zum Beispiel immer mehr Hochqualifizierte, vor allem in Branchen wie Finanzdienstleistung und Versicherung: Etliche ihrer monotonen und repetitiven Aufgaben übernehmen jetzt Künstliche Intelligenzen. Es kann aber auch paradoxerweise Berufsanfänger treffen: Sie lernen in der Ausbildung, an Schulen und Hochschulen bei aller Aktualität der Unterrichtspläne doch auch viel Stoff, der wegen der ungeheuren Dynamik der digitalen Revolution schon veraltet ist, wenn sie mit ihrem Abschluss in der Tasche beim Bewerbungsgespräch vorsprechen. Davor hat es Studierende schon einmal getroffen: Viele Tätigkeiten, mit denen Studis sich bislang das Studium finanziert haben, übernehmen immer mehr die Maschinen. Das scheint bedrohlich, doch der Schein trügt.
Denn Konkurrenz um gute Jobs gab es immer schon. Und wir konnten immer schon gut damit umgehen. Jeder Studi mit Gabelstapler-Schein fand auch bislang schon eher einen Ferienjob als der Kommilitone ohne Schein. In gleichem Maße gilt das für die Zukunft: Jede Tätigkeit, jede Aufgabe und alle Arbeitsprozesse, die Maschinen und KI‘s auf absehbare Zeit eben nicht übernehmen können, ist eine Chance für uns Menschen. Nicht, wenn wir die Augen vor der Digitalisierung verschließen – aber mit geschlossenen Augen verliert man auch jedes andere Spiel.
Wer sich jetzt schon einen Überblick über jene Aufgaben in seinem Beruf verschafft, die auf absehbare Zeit keine Maschine übernehmen kann, wer sich dafür qualifiziert und empfiehlt, der und die hat klar die Nase vorn und gute Aussichten beim Wettlauf um Arbeit und Wohlstand. Wir haben es immer noch selbst in der Hand. Auch in Zukunft.