Mythos Liebe zum Risiko

FedEx – größte Frachtflugzeuggesellschaft der Welt, Logistik-Riese und Mitbegründer der modernen KEP-Logistik. Was relativ unbekannt ist: FedEx stand während der Ölkrise kurz vor dem Bankrott. Man konnte die Treibstoffkosten nicht mehr bezahlen, fuhr eine Million Dollar Verlust ein – pro Monat. Irgendwann Anfang der 70er-Jahre waren nur noch 5.000 Dollar auf dem Firmenkonto. Zu wenig, um am folgenden Montag Treibstoff für die Flotte zu kaufen. Was macht man in so einer Situation? Man meldet Insolvenz an.

Es sei denn man heißt Frederick W. Smith, Gründer und CEO von FedEx. Der räumte das Geschäftskonto leer und flog – kein Witz – nach Las Vegas. Dort spielte er mit den letzten Dollars seiner Firma Blackjack. Als am darauffolgenden Montagmorgen seine Buchhaltung die mutmaßlich leeren Konten checkte, traute sie ihren Augen nicht: Auf dem vormals kahlen Geschäftskonto prangten jetzt 32.000 Dollar. Exakt der Betrag für die nächste Treibstofflieferung – am Blackjack-Tisch gewonnen. Was FedEx noch gewann: Zeit, um eine Überbrückungsfinanzierung klar zu machen. Zwei Jahre später erzielte das Unternehmen seinen ersten Gewinn, heute ist es rund 30 Mrd. Dollar wert. Dank Blackjack. Wer hätte sich das getraut?

Warum nicht? „Viel zu riskant!“ Deshalb spricht man davon, dass Unternehmer „ins Risiko gehen“ oder Manager „Risiko nehmen“. Man könnte meinen: Risikobereitschaft ist ein Erfolgselement. Erfolgreiche sehen das bezeichnenderweise anders. Frederick W. Smith sagte, sinngemäß: „Wieso Risiko? Pleite wären wir doch sowieso gewesen!“

Auch Existenzgründer reagieren seltsam indigniert, wenn sie ihre Hausbank auf das Risiko jeder Firmengründung aufmerksam macht: „Das 81. Schuhgeschäft in München? Das ist doch kein Risiko! Meines wird nämlich das beste!“ Das sagt der Gründer / die Gründerin aus Überzeugung. Das ist das Erfolgselement. Und ein entscheidender Grund, weshalb so viele Diäten scheitern, Fitness-Studio-Mitgliedschaften ruhen, gute Vorsätze zum Neujahr am 15. Januar schon obsolet sind, laut Papierform extrem erfolgversprechende Projekte und absolut notwendige Restrukturierungen von Firmen im Sande verlaufen: zu wenig Überzeugung.

Wer nicht überzeugt ist, kann auch andere nicht überzeugen. Wer nicht überzeugt ist, verliert schnell Motivation und Volition. Wobei die interne vor der externen Überzeugung kommt: Erst sollte ich selbst überzeugt sein. Von meiner Idee, meinem Vorhaben, meiner Stärke, meiner Selbstwirksamkeit,  meinen Fähigkeiten, meiner Vision und meinem Support. Als Gründer, als F.W. Smith, als Überzeugungstäter muss man geboren sein? Unfug.

Nicht umsonst heißt es „Überzeugungsarbeit“. Diese kann und muss man auch an und für sich selbst leisten. Das kann auf vielerlei Art und Weise geschehen. Das einfachste, intuitivste und pragmatischste Rezept ist die „Bright-Spot“-Lösung: Wann immer ich etwas erreichen möchte, aber noch nicht nachhaltig davon überzeugt bin, erinnere ich mich an grob vergleichbare Situationen, in denen meine Überzeugung besonders stark war. Je mehr dieser Bright Spots, desto besser. Und mit jedem Analogieschluss vom Bright Spot auf die aktuelle Situation wird meine Überzeugung stärker.

Überzeugungskraft ist, wie Muskelkraft auch: reine Trainingssache!

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