Fruit Dummy!

Nein, das ist kein Schimpfwort, sondern eine neue Technologie des – was? Natürlich, des IoT, des Internet of Things, einem der heißesten Themen dieser Tage.

Fällt das Stichwort „Internet der Dinge“, haben wir sofort Assoziationen. Wir assoziieren digitale Assistenten, die uns das Leben einfacher machen (sollen) wie Google Home oder Amazons Alexa, Samsungs Bixby oder Apples Siri, die neuerdings aus dem Körper eines Home Device zu uns spricht. Das alles denken wir spontan, wenn wir vom Internet der Dinge hören und sprechen. Aber das ist zu kurz gedacht. Alexa ist nicht das IoT. Sie ist Teil davon – doch das Ganze ist größer, viel größer.

Es ist geradezu megaloman groß. Denn es umfasst, in der Endausbaustufe, sämtliche Stationen, Güter, Vorgänge und deren Informationen sämtlicher Liefernetze aller Länder der Welt. Es war schon immer Aufgabe und Ziel vom Supply Chain Management, sich Informationen über Lieferketten zu beschaffen und etwas Intelligentes damit anzufangen. Doch mit dem Internet der Dinge muss man nicht mehr mühsam hinter diesen Zahlen herlaufen – die Dinge selber liefern diese Daten. Weil sie miteinander vernetzt sind. Und wie! Der Trend ist deutlich: Bis zum Jahr 2020 soll sich die Anzahl der Geräte, Maschinen, Anlagen, Produkte und Transportmedien, die miteinander vernetzt sind, verzwanzig- bis verdreißigfachen. Einen Vorteil dieser Vernetzung kennen und nutzen die meisten von uns bereits: Track&Trace.

Ist doch schön, wenn ich mir etwas bestelle und dann jederzeit sehen kann, vor oder an welcher Transportstation sich mein Päckchen gerade befindet und wann es voraussichtlich eintreffen wird. Das freut den Menschen. Die ganze Menschheit freut ein anderer Aspekt des IoT.

Denn mit dem entsprechenden Chip an der Palette und Dank GPS und RFID können Sendungen nicht nur sagen, wo sie gerade sind, sondern auch, ob sie gerade zu warm, zu heiß, zu kalt oder zu heftig erschüttert unterwegs sind. Das ist keine triviale Information! Denn auch weil diese Echtzeit-Daten bislang nicht verfügbar waren, verdirbt jährlich unglaublich, skandalös und intolerabel ein ganzes Drittel der Lebensmittel auf dem Transportweg. In unseren ach so modernen Zeiten. Während anderswo auf der Welt die Menschen verhungern. Da graust es einen. Das IoT, wenn es denn einmal flächendeckend steht, macht weitgehend Schluss damit. Manchmal sogar auf sehr clevere Art und Weise.

Wer zum Beispiel dafür sorgen möchte, dass Äpfel auf dem Transport nicht verderben, kann die Palette oder die Apfel-Steige mit Sensoren ausstatten. Leider weiß jeder, der einen Kühlschrank hat: Oben ist es wärmer als unten und in der Tür wird die Butter schön streichzart. Also hatte das IoT die Idee, die Temperatur von Obst und Gemüse genau da zu messen, wo es drauf ankommt: mittendrin statt nur dabei. Es packt also einen Sensor mitten unter die Äpfel, mitten in die Steige, in Form und Gestalt eines echten Apfels: Dummy Fruit, ein Instrument der sogenannten Biomimetik (Mimetik ist die Kunst der täuschend echten Anpassung ans Umfeld). So lässt sich Verderb auf dem Transport reduzieren und vermeiden. Denn jeder verdorbene Apfel, jede verdorbene Zucchini ist eine zu viel.

Der Dummy-Apfel spielt dann seine Daten in die Cloud und vom Wetterbericht kommen die aktuellen wie auch die prognostizierten Wetterdaten hinzu sowie die Verkehrslage und sogar das Fahrverhalten des LKW-Fahrers (sofern der Datenschutzbeauftragte und die Gewerkschaften nichts dagegen haben) – was das alles bringt? Eine Menge. Gerät zum Beispiel der Tomaten-LKW in ein Sommergewitter, verspätet sich zwei Stunden und würde die Sendung deshalb einen ganzen Tag ab der nächsten Station der Lieferkette verlieren, meldet die Cloud das an die nächste Station und der LKW kommt, wenn er verspätet eintrifft, dann einfach als erster dran beim Umladen. Der große Vorteil: Die SCM-Manager müssen nicht mehr reaktiv managen, wenn das Kind sozusagen im Brunnen liegt, der Joghurt Schimmel angesetzt hat. Sie können proaktiv managen.

Noch bevor etwas verdirbt oder zu spät dran ist, können sie intervenieren. Auf diese Weise gibt es auch weniger Staus auf unseren Straßen: Wenn weniger verdirbt, müssen weniger LKWs fahren. Sie müssen es auch deshalb, weil das IoT zum Beispiel auch unproduktive Kilometer, welche die LKW-Flotte in Summe beispielsweise wegen spontaner Stau-Umfahrung fährt. Um den Verkehr zu entlasten, muss man also nicht unbedingt immer neue Straßen bauen. Mindestens ebenso sinnvoll ist die Investition ins Internet of Things.

Ganz im Gegensatz zum Straßenbau wirkt das IoT ungesehen, fast heimlich im Hintergrund. Es wirkt und nutzt. Uns allen.

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