Wie kann das sein: Im Discounter bezahle ich 1,99 € für eineinhalb Kilo Bio-Speisekartoffeln, während ich im Biomarkt mit 2,99 € rund 50 Prozent mehr für vergleichbare Bioware berappen muss? Woher kommt der Preisunterschied?
Natürlich kann der Discounter preisgünstiger anbieten, weil er mit seinem riesigen Filialnetz sehr viel größere Mengen einkauft und dafür sehr viel höhere Rabatte bekommt. Außerdem kann er dank dieser Rabatte, die er auch auf andere Produkte erhält, dann die Bioprodukte quersubventionieren. Aber es gibt noch einen Grund für den Preisunterschied: Bio ist nicht gleich Bio.
Das Bio-Siegel der EU, das ich im Discounter kaufe, ist auch als Billig-Bio bekannt. Um es von vorne herein klarzustellen: Selbst Billig-Bio nach EU-Siegel ist mehr bio als gar kein bio. Aber es gibt schon Unterschiede zwischen dem EU-Siegel und den Bio-Siegeln von Anbauverbänden wie Bioland, Naturland oder Demeter. Das grüne EU-Siegel garantiert die Einhaltung von Mindeststandards. Die Verbände dagegen gehen bei Umweltschutz und Tierwohl weit darüber hinaus.
So garantieren zwar alle Bio-Siegel zum Beispiel artgerechte Tierhaltung inklusive Auslauf und Weidegang, das Verbot von Spaltenböden oder Käfigen und die präventive Antibiotika-Gabe. Allerdings ist beispielsweise das, bei konventioneller Hühnerhaltung erlaubte, Schnabelkürzen der Tiere, auch bei EU-Bio in Ausnahmefällen erlaubt, während Bioland und Demeter es von vorne herein und kategorisch ausschließen. Es gibt weitere Unterschiede. Unter dem EU-Siegel können Bauernhöfe zum Beispiel auch halb/halb produzieren, müssen also nicht komplett auf Bio umstellen. Wer zum Beispiel Möhren anbaut, riskiert dann auch, dass der Wind sein Pflanzenschutzmittel vom konventionellen Anbau auf die Biofläche verweht. Demeter schließt auch das aus. Und so weiter. Es gibt viele derartige Unterschiede. Was sagen sie uns?
Sie sagen: Bio ist zunächst einmal besser als kein Bio. Bio ist immer mehr bio als konventionelle Ware – egal, welches Bio-Siegel das garantiert. Bio ist tierfreundlicher und meist auch gesünder. Und wer auf den Geldbeutel achten muss, erhält mit Discounter-Produkten seine Bio-Ware zum kleinen Preis. Wer dagegen nicht jeden Cent einzeln umdrehen muss, kann es besser machen. Denn nicht nur in der Tierhaltung und der Erzeugung zeichnen sich die Edel-Bio-Siegel durch deutlich „mehr Bio“ aus, sondern auch bei ihrer Umweltfreundlichkeit.
Denn gerade eine große Menge der Discounter-Bioware wird aus dem Ausland importiert – und das ist weder umweltfreundlich noch gut für die Erzeuger direkt vor unserer Haustür. Die Kartoffel zum Beispiel erlebt eine wahre Odyssee: So wird das Saatgut von Deutschland nach Ägypten verschifft, um dann unter Nutzung der ohnehin schon knappen Wasserreserven im Land zu Kartoffeln heranzuwachsen, die dann wieder nach Deutschland verschifft und als Bio verkauft werden. Merke: Bio hat nicht unbedingt etwas mit ökologischer Nachhaltigkeit zu tun.
Aber: Die Bio-Kartoffel aus Ägypten ist auf jeden Fall mehr bio als die konventionelle Kartoffel aus Ägypten. Vor allem, wenn wir den Umsatzanteil von Discountern in Deutschland betrachten: Der liegt bei knapp über 40 Prozent. Seit die Discounter Bioware eingeführt haben, kaufen auf jeden Fall deutlich mehr von uns auch tatsächlich bio. Weil wir uns und unsern Lieben etwas Gutes tun wollen – und den Tieren. Aber müssen wir das alles wirklich wissen?
Müssen wir die Unterschiede zwischen den Bio-Siegeln kennen? Oder wie eine Nachbarin jüngst klagte: „Muss man denn vorm Einkaufen erst googlen?“ Ja, warum nicht? Das ist eine gute Idee. Die Recherche für diesen Blogtext hat gerade mal eine halbe Stunde in Anspruch genommen mit dem Resultat: Endlich weiß ich, warum’s im Biomarkt deutlich teurer ist – und deutlich besser. Ich muss ja nicht alles, was ich einkaufe, mit Bio-Siegel einkaufen! Auch ich bin nicht Krösus.
Aber ich habe die Scheu vor den höheren Preisen verloren, seit ich weiß, dass und was ich dafür an mehr Bio bekomme. Und wenn ich jede Woche fünf, zehn Minuten weiter im Netz surfe, kriege ich noch mehr Nützliches heraus. Außerdem macht das Spaß und ein gutes Gewissen und ist gut für meine Familie. Wollen wir das nicht alle?
Vielen dank für die Informationen, ich fand sie sehr aufschlussreich. Ich kaufe auch Bio und werde auch immer gefragt warum und jetzt kann ich besser begründen wieso ich z.B. lieber bei Ebl einkaufe und nicht bei Aldi, wobei ich auch festgestellt habe, dass der Geschmack auch wesentlich besser ist bei Bio-Ware! Das Einzige was ich nicht verstehe ist, warum muss alles noch in Plastik Beutel abgewogen und verkauft werden? Ich habe es auch angesprochen, aber es gab kein Ergebnis. Da könnte man auch noch etwas ändern…..
Vielen Dank, liebe Veronika! Nicht nur für Ihren Kommentar, sondern auch dafür, dass Sie Bio einkaufen. Schon seltsam, nicht wahr, dass man sich heutzutage noch vor Familie, Verwandten und Bekannten dafür erklären muss – aber das nutzt ja auch was. Vielleicht überzeugen Sie und ich damit auch andere. Umso besser, wenn Sie sogar einen geschmacklichen Unterschied feststellen können. So einen feinen Gaumen hat nicht jeder(r). Ja, das mit den Kunststoffverpackungen ist noch alles andere als Bio. Aber es gibt schon Händler und Initiativen, die mit unverpackter Ware, plastikfreier Verpackung und Mitbring-Behältnissen experimentieren. Wenn gewissenhafte Menschen wie Sie da öfter mal nachhaken, tut sich bestimmt etwas bei jenen Händlern, die noch nicht so weit sind. Es ist wie mit allem im Leben: Wir müssen halt dranbleiben!