Der Ring an deinem Finger

Verheiratet? Verlobt? Oder Freundschaftsring. Woher kommt der Ring am Finger (oder um den Hals) denn?

Seit Jahren hören und lesen wir von sogenannten Blutdiamanten. Sie tauchen in unzähligen Romanen auf. Leonardo DiCaprio spielt die Hauptrolle in einem Thriller über Blutdiamanten. Das Gold für den Ring kommt dann passenderweise aus einer Blutmine. Der Gedanke, vor den Altar oder den Standesbeamten mit Ringen zu treten, an denen Blut klebt, ist so ziemlich das Heftigste an Ekel, was man sich für den Start ins gemeinsame Leben vorstellen kann.

Das Bewusstsein der Schmuck-KäuferInnen für eine nachvollziehbare Nachhaltigkeit hat sich konsequenterweise in den letzten Jahren zu einer Intensität gesteigert, welche die Schmuck-Industrie zum Handeln bewogen hat. Vor wenigen Tagen hat IBM angekündigt, für die TrustChain Initiative einiger führender Unternehmen der Schmuck-Branche die Blockchain-Plattform zu entwickeln, mit der sich sämtliche Wertschöpfungsschritte von der Mine über die Verarbeitung bis zum Juwelier lückenlos und fälschungssicher nachvollziehen lassen. Eigentlich sollte man meinen, dass bei so teuren Gütern das vorher schon möglich gewesen sein sollte.

Dem war aber nicht so. Denn bislang standen die ganzen Informationen über die Herkunft und Verarbeitung von Steinen und Edelmetallen buchstäblich auf Papier; im Plural: Auf verschiedenen Papieren, Zertifikaten, Attesten. Damit hat man dann versucht zu belegen, dass das Silber zum Ring eben nicht aus einer der heißen Kriegszonen der Welt stammte oder der Schmuck keine Hehlerware war. Die größte Schwachstelle dieses „Systems“: Diese ganzen Papiere waren buchstäblich zusammenhanglos. Auf jeder Stufe konnte praktisch jeder Befugte oder Fälscher ein imposant aussehendes Papier erstellen. In der Blockchain geht das nicht mehr, weil die Blockchain eine auf sämtliche Partner eines Wertschöpfungsnetzwerkes verteilte Datenbank ist, bei der ein Fälscher die Einträge auf sämtlichen Rechnern sämtlicher Partner fälschen müsste, wenn er etwas fälschen wollte – das ist technisch so aufwändig, dass es praktisch unmöglich ist. IBM macht das übrigens nicht zum ersten Mal.

Der IT-Riese hat diese Sicherheit in der Lieferkette auch schon für ein Produkt eingerichtet, dass deutlich häufiger gekauft wird als Eheringe: Schweinefleisch aus China bei der US-Handelskette Walmart. Tatsächlich findet die Blockchain immer mehr Anwendungen. Maersk, die weltgrößte Containerschiff-Reederei, schützt ihre Container mit Blockchain. Und die Trucking Alliance um Daimler, FedEx, SAP, UPS, Uber Freight und andere Logistik-Unternehmen kollaboriert intensiv rund um das Thema Blockchain für LKW-Transporte. Mit durchaus praktischem Nutzen.

Wenn früher etwas verdorben beim Supermarkt ankam, war der Streit groß: Welcher Partner in der Kette hat welche Palette, welchen LKW zu lange in der Sonne stehen lassen? Die Blockchain sichert das System nun so weit ab, dass per Temperaturfühler zweifelsfrei und in Echtzeit erkannt wird, wo was um wieviel Grad zu heiß gelagert/transportiert wird. Das funktioniert so automatisch und irrtumssicher, dass per Smart Contracting dann auch gleich dem jeweiligen Logistikpartner der Schaden berechnet und eine Ersatzlieferung angefordert wird – ohne dass Menschen sich lange streiten müssten. Denn bei Smart Contracting machen alles die Computer für uns.

Weil das so schnell, bequem und sicher ist, haben viele Unternehmen bereits Blockchain-Projekte gestartet. Trotzdem oder gerade deshalb geht die Unternehmensberatung Gartner davon aus, dass rund 90 Prozent dieser Projekte scheitern werden. Das steht zwar im krassen Gegensatz zum grassierenden Hype, ist jedoch für Innovationsprozesse nicht ungewöhnlich: Bei jeder neuen Technologie muss viel ausprobiert und verworfen werden, bis genau das übrigbleibt, was funktioniert, nutzt und rentabel ist.

Wohlgemerkt: Zwar sind einmal eingegebene Daten in der Blockchain so gut wie fälschungssicher. Doch wenn ein Wertschöpfungspartner von vorne herein das Falsche eingibt, gelangen eben die falschen Daten ins System. Hier helfen am besten echte Audits von zuverlässigen Audit-Agenturen oder von den Herstellern selbst. Diese scharfen Kontrollen im Verbund mit der Blockchain machen in unsicheren weltpolitischen Zeiten zumindest unseren privaten Konsum sicherer als er es jemals zuvor war. So werden wir in naher Zukunft mit unserem Handy den QR-Code an einem Produkt scannen und uns dann Punkt für Punkt alles über das Produkt anschauen können, was für Qualität, ethische Aspekte und Verbrauchssicherheit relevant ist.

Ganz früher mal war wichtig, dass von einem Produkt genügend für alle vorhanden war. Dann wurde immer wichtiger, dass es möglichst billig sei. In Zukunft wird eines der überragenden Kaufmotive sein: Was wir kaufen, muss sicher sein. Und zwar nachweisbar und nachvollziehbar.

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