Grüner retournieren

Die neueste Folge unserer Da-kommen-Sie-nie-drauf-Reihe: Was schätzen Sie, wie viele Pakete wir Deutschen jährlich retournieren?

2020 waren das 315 Millionen Pakete. Angesichts dieser Monsterzahl erübrigen sich Freitagsdemos und Asphalt-Kleberei. Demonstriert nicht! Hört lieber auf, fünf T-Shirts zu bestellen, wenn ihr a priori wisst, dass ihr vier davon zurückschickt!

Kleidung ist tatsächlich jene Warengruppe, die am meisten zurückgeschickt wird – während der textile Einzelhandel in deutschen Innenstädten Laden für Laden in den Ruin getrieben wird. Viele verwechseln das Internet mit einer Umkleidekabine in der Boutique, ein frühes Symptom digitaler Debilität.

Das ist nicht nur unglaublich ungrün, das bindet auch völlig unnötig Personalkapazität in Zeiten schlimmsten Fachkräftemangels und das kostet ebenso unnötig. Zum Beispiel für die Qualitätskontrolle am Retouren-Eingang. Das muss ja alles – von Hand, mit Fachwissen – kontrolliert werden, bevor man es günstigenfalls wiederverkaufen kann. Darüber hinaus verursacht es die eigentlichen Verpackungs-, Versand- und Transportkosten. Wenn die LKW und Transporter nicht mit unnötigen Retouren beladen wären, könnten sie sinnvolle Fracht transportieren. Und natürlich schaden Retouren Umwelt und Klima.

795.000 Tonnen CO2 wurden 2021 allein mit Retouren in die Atmosphäre geblasen. Das entspricht 6,6 Millionen Autos, die von München nach Hamburg fahren, haben Forschende der Uni Bamberg herausgefunden und ausgerechnet. Solche horrenden Zahlen schreien förmlich nach: Weg damit! Kehret um, denn das Ende ist nahe! Einige Versender erwägen dieses Ende: Sie wollen besonders heftige Retournierer im Extremfall mit der Kontosperrung bestrafen oder zumindest auf die nächste Bestellung eine Strafgebühr draufschlagen. Natürlich schädigt das tendenziell den Umsatz des Versenders. Umso erstaunlicher, wenn einigen von ihnen das Klima mittelfristig wichtiger wird als die Quartalsgewinnmaximierung. Denn Retouren sind kein Kavaliersdelikt. Die Durchschnittskosten einer Durchschnittsretoure liegen laut Uni Bamberg bei – was schätzen Sie?

Dreifuffzig? Fünffuffzig? Es sind unglaubliche 15,18 Euro. In Form von Transportkosten und Wertverlust der Ware beim Wiederverkauf – der Umwelt- und Klimaschaden ist da noch gar nicht eingepreist. Dieser beträgt, schätzen wir mal angesichts des fortgeschrittenen Stadiums der Klimaschädigung (oder hatten Sie diesen Winter schon wintersporttauglichen Schnee vor der Haustür?), das Mehrfache.

Ebenfalls noch nicht drin sind die Kosten der Totalabschreibung, wenn die Ware aus welchen Gründen auch immer nicht mehr wiederverkauft oder -verwertet werden kann und in den Müll wandert, was Müllgebühren und Kosten der Entsorgung verursacht. Dass wir Konsumenten uns also immer noch mit „kostenloser Rücksendung“ ködern lassen, ist ein starkes Stück. Wie naiv darf man sein? Es gibt keine kostenlosen Rücksendungen. Doch genug gejammert!

Jetzt kommt die FedEx-Lösung namens „FedEx Consolidated Return“. Das klingt sperrig, hat aber was. Wenn, sagen wir, am FedEx-Standort New York 20 Retouren des Online-Versands von Walmart im Laden aufgelaufen sind, dann muss keiner der 20 Kunden seine Retoure vorher wieder fein säuberlich einpacken. Er gibt die Ware einfach so im Laden ab. Alle 20 Retouren werden dann gebündelt („konsolidiert“ hört sich natürlich besser an) und eben nicht in 20 separaten Päckchen retourniert, sondern in einem einzigen großen Paket. Das spart Verpackung, Frachtraum und damit Sprit und verursacht weniger Klimaschäden. Und es macht es auch noch für den Verursacher einfacher: Er muss keinen Retourenschein mehr ausdrucken und nicht mehr seine Retoure verpacken. Wieso kommt man erst so spät auf so eine kluge Lösung?

Wobei „spät“ relativ ist: Immerhin ist Sylt noch nicht im Meer versunken! Der Consolidated Return soll im Laufe des Jahres in den USA eingeführt werden. Wir wünschen diesem Feldexperiment den denkbar größten Erfolg und die schnellstmögliche globale Nachahmung. Eine noch viel einfachere Lösung wäre: Hört auf zu retournieren! Bestellt nur, was ihr braucht! Punkt.

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