Alle, die ein Handy mit Push-News haben, raten spontan richtig. Natürlich, offensichtlich: ChatGPT. Könnte sein.
Könnte wirklich sein. Vor allem, da ChatGPT uns bei einem kleinen Probelauf tatsächlich vorgeschlagen hat, diesen Blog zu schreiben, weil es ja immerhin um ihn (sie?) geht. Wir haben dann doch beschlossen, selber zu schreiben. Angesichts der technologischen Entwicklung fragt man sich, wie lange noch.
Nichts gegen ChatGPT. Er oder sie begeistert gerade, aber weniger wegen seiner oder ihrer sprachlichen Eloquenz, Stilsicherheit oder artikulierten Empathie. Sondern weil die üblichen Tech-Nerds total von ihm/ihr begeistert sind und sich bergeweise Texte von ihm/ihr ausdrucken lassen, die sie dann weniger enthusiastischen Zeitgenossen präsentieren, jedoch eher nicht mit der Ankündigung: „Schau mal, liest sich fast wie Schiller!“ Vielmehr eher mit: „Schau mal, das hat eine Maschine geschrieben!“ Und genauso liest es sich auch. Was wird hier gefeiert?
Seien wir ehrlich: Spätestens seit dem massenhaften Emoji-Downgrade unserer Sprache durch die sozialen Medien hat sich die menschliche Kommunikation so weit zurückentwickelt, dass eine KI nicht wirklich viel Algorithmus braucht, um diese Sprachdeprivation täuschend ähnlich zu kopieren. Um wie ein Mensch zu klingen, braucht es heute nicht viel. Floskeln und buchstäblich vorgekaute Textversatzstücke kann auch eine Maschine. Problemlos.
Problemlos? Keineswegs. In einigen Ländern haben Schulen ChatGPT bereits verboten. Weil die Aufsätze und Hausarbeiten maulfauler Schülerinnen und Schüler deutlich besser wurden, seit der Roboter sie schrieb. Die Schulen begründeten ihr Verbot natürlich nicht damit – weil es zu deutlich auf eigenes Versagen hingewiesen hätte – sondern mit dem Plagiatverbot. Das gilt nur für Schulen.
Nicht für die Wirtschaft, die bereits in vielen Bereichen nicht mehr eigene Texter und Redakteure schreiben lässt, sondern eine Sprachsoftware. Auch dabei gibt es ein Problem: Einige künstliche Textgeneratoren verwenden Textelemente, die nicht fakten-gecheckt sind. Das haben sie mit Menschen gemein. Das liegt nicht daran, dass Quassel-Roboter prinzipiell Lügner sind.
Sondern an ihrer Alma Mater. Sie lernen aus dem Internet. Wenn sie eine Anfrage für einen Text bekommen, durchsuchen sie das Internet nach vergleichbaren Texten, die sie abkupfern können – und wissen genauso wenig wie menschliche Netsurfer, wie hoch der Wahrheitsgehalt der Referenz ist. Wobei Wahrheit nicht einmal das größte Problem ist.
Das größte Problem bei der Textsuche im Internet ist: Wer sucht, der findet immer auch Hate Speech, Rassismus, Sexismus, verbale Gewalt, Hass, Häme, Spott, üble Nachrede, Paranoia, Herabwürdigung, Character Assassination, Respektlosigkeit … Zugegeben: ChatGPT ist weitgehend davor gefeit. Wissen Sie auch, warum?
Weil OpenAI, die „Hersteller“ von ChatGPT (Generative Pre-Training Transformer) in Kenia eine komplette Firma mit ihren Mitarbeitern darauf verpflichtet hat, den lieben langen Tag, Tag für Tag, tonnenweise Hassrede im Internet zu lesen und die KI darauf zu trainieren, diese zu erkennen. Die armen Leute! Oder: von einem Akronym zum anderen. Von ChatGPT nahtlos zu PTSD – aber das ist ein anderes Thema.
Kramen wir mal unseren Cicero hervor und fragen: Cui bono? Wem nutzt ChatGPT? Einfach. Den Bossen. McKinsey schätzt, dass Maschinentexter schon in wenigen Jahren weltweit 800 Millionen menschliche Arbeitsplätze plattmachen. Während die KI also immer artikulierter und eloquenter textet, lässt sich unschwer ableiten, dass wir als Menschheit dann mangels Übung und sprachlicher Weiterentwicklung schon in wenigen Jahren wieder auf Grunz-Niveau in Sprechblasen angekommen sein werden. Plus Emojis. Use it or lose it: Wer Sprache nicht spricht, verliert sie.
Nur eine kleine Elite von Menschen wird noch etwas praktizieren, das einmal, zumal im Land der Dichter und Denker, als guter Stil in Schrift und Sprache bekannt war. Und noch eine zweite Elite wird eine Chatbot-freie Kaste bilden: die Forscher. Denn (bislang) können KI-Texter nur glänzend plagiieren. Etwas Neues texten können sie nicht.
Hat ein wenig gedauert, nun habe ich ChatGPT auf meinem Laptop und Smartphone.
Ich bin noch am probieren. Aber was ich bisher gesehen habe ist das schon ein wirklich hilfreiches Tool.
Kann mir gut vorstellen, dass dieses Tool im beruflichen Alltag Unterstützung bietet.
Für mich ist es jetzt erstmal interessant und ich probiere einfach mal weiter.
Und noch einmal: Bitte entschuldigen Sie meine säumige Antwort – der Sand im Getriebe stellte sich als äußerst resistent heraus. In zwei Punkten stimme ich Ihnen zu: ChatGPT ist ein interessantes Tool und Ausprobieren macht Spaß. Ich möchte jedoch einen dritten Punkt hinzufügen: unter Ihrem Niveau. Wer so gut kommuniziert und vor allem formuliert wie Sie – mir fällt dazu der Ausspruch eines ehemaligen Bundesleichtathletiktrainers ein: ‚Ein Weltklassesprinter braucht doch keine Krücken!‘ In diesem Sinne. Evi Hartmann