Fliegt mit Wasserstoff!

Alle reden vom Wasserstoff, vom Stoff der Zukunft: Er bewegt in den nächsten Jahren zwar nicht unsere teuer entwickelten und politisch favorisierten E-Autos, aber hoffentlich doch bald die für Akkus viel zu schweren LKW und Busse. Und: Wasserstoff fliegt.

Das ist gut, denn Fliegen ist die deutlich umwelt- und klimaschädlichste Art der Fortbewegung. Daher: Bitte schnell das H-Flugzeug entwickeln und bauen!

So schnell geht das natürlich nicht. Es wird noch daran gearbeitet. Das Stuttgarter Start-up H2Fly zum Beispiel möchte bis 2029 ein Wasserstoff-Passagierflugzeug entwickeln, mit 40 Plätzen und 2.000 km Reichweite. Man muss sich vorstellen, dass dieses Start-up mächtige und reiche Investoren hat. Denn so eine Entwicklung verschlingt Unsummen, bis sie endlich fliegt. Schön, dass in der Venture Capital-Wüste Deutschland doch noch Kapital für sowas vorhanden ist. Davon spricht sonst keiner. Alle wollen immer das Klima retten, aber deutlich weniger Menschen reden über Wagniskapital, verstehen erst einmal, was das ist und was das mit Klima zu tun hat und stellen es auch tatsächlich zur Verfügung.

Lustig, wo dieses Flugzeug entwickelt wird, nämlich im ersten deutschen Wasserstoff-Exzellenzzentrum, das – natürlich – bei den Schwaben in Stuttgart steht. Denn die können angeblich alles, außer Hochdeutsch. Natürlich überlassen die großen Konzerne so eine revolutionäre Innovation nicht einem kleinen Start-up.

Daher entwickelt auch Airbus um die Wette und plant bereits ein H-Flugzeug mit 100 Sitzplätzen. Wo ist das Problem? Warum fliegt das nicht heute schon?

Rein technisch-konstruktiv ist so ein H-Antrieb für Flugzeuge nicht das entscheidende Hindernis. Ob eine Turbine nun Kerosin oder Wasserstoff verbrennt, ist kein so großer Unterschied. Ein Engpassfaktor ist vielmehr, wie beim E-Auto auch, die Infrastruktur. Welcher Flughafen hat denn heute schon eine H-Tankstelle? Und dazu die passende Lieferkette? Es fängt ja schon bei den Tanklastzügen an: nicht genügend vorhanden für den ganzen Flugbetrieb.

Gleichzeitig ist Wasserstoff hierzulande noch vergleichsweise teuer, weil er bei der Herstellung sehr viel Strom verbraucht, der ebenfalls sehr teuer ist. Das heißt: Die Rettung des Klimas wird wieder einmal verschoben, aus betriebswirtschaftlichen Gründen: ist einfach zu teuer. Klima? Können wir uns nicht leisten. Was auch ohne BWL sofort einleuchtet: Klima ruinieren ist per se viel billiger als Klima retten. Wir leben nun mal in einer Marktwirtschaft.

Selbst wenn wir uns den ganzen Wasserstoff leisten könnten: Flugzeuge haben eine Betriebszeit von 20 bis 30 Jahren. Und „bloß“ wegen des Klimas wird keine Fluglinie ihre Flotte sofort einmotten und umgehend durch H-Flugzeuge ersetzen. Das wird nur ganz langsam, Jahr für Jahr, Flugzeug für Flugzeug passieren und kann im längsten Fall also 20 bis 30 Jahre dauern. Wenn es in 30 Jahren noch ein Klima gibt, in dem Menschen fliegen können und vor allem wollen. Daran hindert sie dann womöglich die Frage: Wohin denn? Wenn sich die Sahara von Afrika bis zum Ural erstreckt?

So gesehen ist die Klimarettung ganz schön komplex, wenn man sich die Wirkungsketten einmal genauer anschaut und nicht bloß stumpf freitags auf die Demo geht. Demonstrieren ist viel einfacher als verstehen.

Verstehen zum Beispiel, vor welchem Dilemma die Fluglinien und Entwickler gerade stehen. Denn Wasserstoff könnte ein Flugzeug vorantreiben, indem er in einem fast konventionellen Triebwerk verbrannt wird. Oder er könnte sich via Brennzelle in Strom verwandeln und dann Elektromotoren antreiben, die wiederum Propeller bewegen. Letzteres hätte den Vorteil, dass Fliegen plötzlich sehr leise wird – bei gleichzeitig höherem Wirkungsgrad als herkömmliche Kerosin-Turbinen. Das wiederum hätte revolutionäre Auswirkungen auf Flugtouristik und Flugfracht.

Was passiert denn mit der ganzen Fliegerei, wenn plötzlich alle Flugzeuge umweltschonend, klimaneutral und flüsterleise am Himmel unterwegs wären?

Verdunkelt sich dann der Himmel, weil so viele Flugzeuge in der Luft sind? Wären unsere Flughäfen dann fünfmal so groß, um die ganzen Flotten aufzunehmen? Ist es überhaupt tragbar, so umweltfreundlich und so viel zu fliegen?

Mit solchen Fragen ist Wasserstoff vor allem auch ein intellektuelles Vergnügen. In der Tiefe der Erkenntnis der technischen und politischen Zusammenhänge durchschaut man erst so richtig, was die Welt- und Klimarettung wirklich erfordern würde. Während die Medien zum Beispiel immer noch jede Klebe-Aktion von Aktivisten feiern, macht sich einer der führenden deutschen Technologie-Konzerne auf, Teile seiner Produktion von Elektrolyseuren wegen Bidens IRA in die USA zu verlagern. Wer die Brisanz der beiden Fremdwörter im vorangegangenen Satz versteht, qualifiziert sich automatisch zur Klimarettung.

2 Kommentare zu „Fliegt mit Wasserstoff!

    1. Lieber Norbert, erst einmal: Bitte verzeihen Sie meine späte Antwort; wir hatten Sand im Getriebe. Um Ihre Frage zu beantworten: In einem inhaltlichen Zusammenhang stehen Artikel und Blog ganz sicher. Wobei Sie mit Ihrem Hinweis auf den Artikel einen neuen, zusätzlichen Aspekt emissionsfreier Antriebe eröffnen: Wie man vorgeblich die Umwelt entlastet und dabei ganz nebenbei – in Unkenntnis? billigend in Kauf nehmend? – ausländische Hersteller und Nationen subventioniert, von denen man sich angeblich nicht zu sehr abhängig machen möchte. Gut, dass die Republik kein Unternehmen ist und der Steuerzahler noch jede Rechnung beglichen hat. Evi Hartmann

Kommentare sind geschlossen.