Was ist das Beste?

Alle reden vom Elektro-Auto, als ob es keine Alternative gäbe. Doch es gibt sie: Wer hat die Brennstoffzelle in der Versenkung verschwinden lassen? Und warum?

Eigentlich dürfte klar sein, was besser ist: Mit einer Akku-Ladung Strom kommt ein E-Auto derzeit ca. 300 bis 400 Kilometer weit (ein größeres Tesla Modell schafft noch etwas mehr) und das „Auftanken“ an der Steckdose dauert Stunden. Mit einer Tankladung Wasserstoff und einer Brennstoffzelle kommt das B-Auto, wenn wir es mal so nennen, dagegen über 500 km weit und das Auftanken geht so schnell wie beim Benzin! Also warum reden immer noch alle nur vom E-Auto?

Wobei das B-Auto natürlich auch ein E-Auto ist. Auch das B-Auto hat einen Elektromotor. Der Unterschied: Sein Strom kommt nicht vom Akku, sondern aus einer Brennstoffzelle. Diese wandelt den Wasserstoff in Strom um. Das kennen wir aus dem Chemieunterricht: Gibt der Chemielehrer Wasserstoff und Sauerstoff in ein Reagenzglas, macht es zur Freude der Fünftklässler einen Riesenknall: die Knallgasreaktion. Im Prinzip treibt dieser Knall das Auto an, als „Abgas“ entsteht Wasser. Also alles super umwelt- und städtefreundlich. Beim Autofahren.

Bei der Herstellung vom Wasserstoff sieht es leider anders aus. Denn auch dafür wird Energie gebraucht. Und solange diese aus Kohlekraftwerken stammt, ist Wasserstoff nicht so sauber, wie wir das vielleicht gehofft haben. Trotzdem: Warum fahren wir nicht mit Wasserstoff, wenn dieser größere Reichweiten bei kürzeren Tankstopps ermöglicht?

Weil wir kein Wasserstoff-Tankstellennetz haben – aber ein Stromnetz. An jeder Autobahn-Raststätte, ja selbst an beleuchteten Autobahn-Rastplätzen gibt es bereits Strom, der für eine Ladestation für E-Autos lediglich „angezapft“ werden müsste. Dagegen gibt es noch kein Wasserstoffnetz, weshalb es bundesweit bisher nur 40 Wasserstoff-Tankstellen gibt: Man bräuchte aber Tausende für eine flächendeckende Versorgung. Das wird teuer. Wer soll das bezahlen?

Vielleicht eine hoch innovative, zukunftskompetente und entschlussfreudige Regierung? Und wenn dem so ist: Wann wählen wir endlich eine?

Scherz beiseite: Experten schätzen, dass der Aufbau von tausend Wasserstoff-Tankstellen rund 1,7 Mrd. Euro kosten würde. Das ist ein Witz angesichts der Haushaltsüberschüsse, die wir mit unseren Steuern derzeit aufwerfen. Warum lacht niemand über diesen Witz?

Weil wir noch nicht durch sind mit der Umweltbilanz: Wasserstoff muss in hoch komprimierter oder gekühlter Form mit Tankwägen zu den Tankstellen transportiert werden, um eine nennenswerte Menge davon in den Tankwagen zu bekommen. Und das Komprimieren oder Herunterkühlen selber frisst natürlich auch Energie. Energie, welche die Umweltbilanz des Wasserstoffs drückt.

Diese und einige andere Gründe sorgen bei Berücksichtigung aller Faktoren unterm Strich der Umweltbilanz für ein überraschendes, fast schockierendes Ergebnis: Die Umweltbilanz des Wasserstoff-Autos fällt schlechter aus als die des E-Autos! Vor allem wegen des Energieverbrauchs bei Herstellung und Transport von Wasserstoff.

Nun könnte man argumentieren: Wenn wir zur Gewinnung von Wasserstoff sauberen Strom aus erneuerbaren Energien verwenden, dann verbessert sich die Umweltbilanz! Stimmt – aber dann können wir den Strom aus erneuerbaren Energien doch gleich in Akkus laden und damit E-Autos betreiben, ohne den Umweg übern Wasserstoff zu machen, richtig?

Zwar ist die Reichweite des E-Autos noch nicht so groß wie die vom B-Auto. Doch die Akku-Entwicklung schreitet ständig voran. Die Akkus werden immer besser, ihre Reichweite immer größer, ihre Ladezeiten geringer. Merken Sie was?

Ökobilanzierung ist wie Schach- oder Kartenspiel: Mit jedem Zug der gemacht wird, jeder Karte, die gespielt wird, ändert sich das Bild. Spielen wir eine neue Karte, vielleicht sogar eine Trumpfkarte aus: Wenn das E-Auto so unschlagbar gut ist, was ist dann mit den 5 bis 10 Kilo Kobalt, die ein Akku im E-Auto braucht? Kobalt, für das immer noch Kindersklaven in afrikanischen Minen bluten müssen?

Ein übles Dilemma: Was ist uns mehr wert? Die ökologische Seite der Nachhaltigkeit: Saubere Luft in den Städten! Oder die soziale Seite der Nachhaltigkeit: Keine Kindersklaven für Akkus! Die gravierenden Konsequenzen, die am simplen Kauf eines neuen Autos hängen, könnten deprimierend sein, wenn sie nicht so motivierend wären: Mit unserer Kaufentscheidung und unserer Aufmerksamkeit, mit unserer Beteiligung und unserer Präsenz in Internet und sozialen Medien können wir tatsächlich die Welt von morgen mitgestalten. Wir könnten zum Beispiel von unserem Bundestagsabgeordneten fordern, dass er sich für ein Gesetz stark macht, das den Gebrauch von nicht-zertifiziertem Kobalt verbietet. Dann würde auch die soziale Seite der Nachhaltigkeit des E-Autos stimmen. Eigentlich ganz einfach, die Welt ein wenig besser zu machen …

2 Kommentare zu „Was ist das Beste?

  1. …wenn heute eine Petition dazu auf den Weg gebracht wird, wann denken Sie, dass diese tatsächlich umgesetzt ist und der Kauf-Handel von nicht zertifiziertem Kobalt nicht mehr möglich ist ?

    Oder gibt es einen anderen, effektiveren Weg um zum gleichen Ergebnis zu kommen ?

    1. Eine Petition ist tatsächlich eine gute Idee, die Sache ins Rollen zu bringen. Wie effektiv so eine Petition dann tatsächlich ist – das zu klären wäre eine interessante Frage für jemanden, der dieses Instrument der parlamentarischen Einflussnahme genauer untersucht hat. Möglicherweise wirkt eine direkte Einflussnahme auf die Hersteller schneller und besser; zumal im digitalen Zeitalter. Als Analogie bieten sich die Fairtrade-Produkte im Lebensmittelhandel an: Da haben Medien, Nachfrager und Internet-Benutzer so lange Druck aufgebaut, bis die Produkte großflächig im Regal gelandet sind.

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