Zwilling rettet Leben

Warum kaufen Sie? Seltsame Frage: Man kauft was, wenn man es braucht! Oder wenn uns etwas gefällt. Was gefällt uns?

Unsere Eltern würden noch ohne zu zögern sagen: „Natürlich das Produkt!“ Brot, Auto, Küchenmaschine, Jeans. Wie der Verweis auf unsere Eltern bereits verrät: Das war einmal.

Das Magazin „Supply Chain Quarterly“ berichtete (2016): 47 Prozent von uns ganz normalen Konsumenten gaben bei einer Befragung an, dass sie nicht bei einem Online Shop bestellen, der nur geringe Transparenz bezüglich des Paket-Status anbieten kann: Wo ist mein Paket gerade? Wer bearbeitet es wo? Was ist die nächste Station und wann? Das ist einigermaßen überraschend.

Rund die Hälfte von uns kauft also ein tadelloses und möglicherweise erstklassiges Produkt nicht, bloß weil sein Transportweg nicht transparent ist! Da haben sich die Werte der Verbraucher und ihre Bedürfnisse doch relativ radikal verändert. Unsere Ahnen waren schon froh, wenn was zu beißen auf den Tisch kam! Die Hälfte von uns dagegen verweigert die Lieferung, wenn sie nicht transparent ist. Anders gesagt: Die Logistik ist heutzutage so wichtig wie das eigentliche Produkt. Das Internet der Dinge macht’s möglich.

Denn wir können zwar nicht unser physisches Paket mit der Spy Cam beobachten, während es zu uns transportiert wird. Aber wir können seinen digitalen Zwilling beobachten. Wenn wir am PC oder Smartphone lesen, dass unsere neue Küchenmaschine gerade das Verteilzentrum Frankfurt verlassen hat, dann sehen wir nicht das physische Paket, sondern sein digitales Abbild, eben den Digital Twin. Das ist aber nicht das einzige, was unser digitaler Zwilling kann.

Er kann nicht nur angeben, wo er sich befindet. Er kann auch simulieren, wie er ausweichen würde, wenn plötzlich die nächste Autobahn gesperrt würde. Mit dem digitalen Zwilling kann ein kluger Disponent oder Supply Chain Manager den Transportweg digital simulieren und auf Basis dieser Simulation dann analog effizienter machen. Diesen Wechsel zwischen digital und analog nennt man auch Physical to Digital to Physical-Loop. Während ein Paket auf Reise ist, kann man dank dieser Schleife in Echtzeit die Reise feintunen oder für die Zukunft planen. Dabei hilft, dass der digitale Zwilling nicht nur weiß, wo er gerade ist und bald sein wird. Man kann ihm auch eine Menge anderer Daten mit auf die Reise geben: Wetterwarnungen, Baustellen, Staus, Daten aus oder für soziale Medien …

Man braucht kein digitales Zusatzstudium, um zu erkennen, was damit alles verbessert werden kann und verbessert wird: Informationsaustausch, Zusammenarbeit der Partner in der Lieferkette, Performance der Belieferung, Lager- und Transportkosten. Risiken werden minimiert, die Transportsicherheit maximiert. Selbst komplett neue Geschäftsmodelle entstehen dank Zwilling: Viele Firmen setzen ihre digitalen Zwillinge nicht selbst in die Welt, sondern lassen sie von digitalen Startups sozusagen in der Retorte zeugen.

Das letztendliche Ziel ist jedoch: Jene rund 50 Prozent Verbraucher von einem Kauf zu überzeugen, denen Transporttransparenz so wichtig ist wie das Produkt, das transportiert wird. Wobei der digitale Zwilling noch mehr kann. Er rettet sogar Leben.

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) schätzt, dass jedes Jahr weltweit ungefähr eine Million Menschen an gefälschten Arzneimitteln sterben. Deshalb haben die Pharma-Konzerne den digitalen Zwilling in Dienst genommen: Jede Arzneimittelpackung bekommt einen digitalen Zwilling in der Blockchain. Wir wissen: Die Blockchain ist praktisch das Fort Knox des Digitalen. Einbruchs- und fälschungssicher. Will ein Patient die Packung kaufen, scannt der Apotheker erst einen Code auf der Packung ein. Sind die Daten des Codes auf der Packung identisch mit den Daten des digitalen Zwillings, dann ist die Arznei echt. Weichen die Daten beider Zwillinge voneinander ab, ist einer von ihnen eine Fälschung. Und da man die Blockchain praktisch nicht fälschen kann, ist der physische Zwilling der Betrüger. Pharma-Piraten können die Pille fälschen, aber nicht den digitalen Zwilling in der Blockchain.

Gewiss kann man damit nicht alle Pillen-Opfer retten. Doch jedes verlorene Leben ist ein Leben zu viel. Wie der Talmud sagt: Wer nur ein Leben rettet, rettet die ganze Welt. Der digitale Zwilling macht’s möglich.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert