Mit dem Scooter durch die Stadt

Wer schon mal in Singapur (San Francisco, Zürich oder New York) unterwegs war, dem fiel was im Verkehrsbild auf? Natürlich: massenhaft Autos, Taxis, Transporter. Und? Und viele E-Scooter.

Das sind, grob gesprochen, Tretroller, wie wir sie (fast) alle aus der Kindheit kennen. Nur, dass wir auf den modernen Tretrollern nicht mehr treten müssen, weil der Roller einen E-Motor hat, der in der Spitze 25 km/h schafft; weltweit sind die meisten auf 20 bis 25 km/h begrenzt (wobei es superschnelle Ausreißer gibt).

So ein E-Roller ist eine tolle Sache: klein, handlich, nachhaltig, verpestet die Luft nicht (beim Gebrauch), schont die Ressourcen der Erde. Man braucht nicht wie beim Auto tausend Kilo Metall, um von A nach B zu kommen.

Die meisten dieser Roller sind nicht gekauft, sondern geshared, was sie noch nachhaltiger macht. Denn wenn ich einen Roller kaufe, dann verbrauche ich die knappen Ressourcen der Erde und der nächste, der einen Roller braucht, verbraucht mit seinem Einkauf weitere Ressourcen. Wenn wir beide jedoch sharen, kann der, der nach mir nutzt, denselben Roller nutzen, ohne dass erneut die Erde geplündert werden müsste. Eine gute Sache.

Nicht nur deshalb sieht man auf dem Campus einer der vielen Universitäten in Singapur inzwischen mehr Scooter als Fahrräder.

So unscheinbar dieses Gefährt auch anmutet: Es ist eine zentrale Säule der Verkehrswende. Wer diese Wende möchte, von der aktuell alle reden, der sollte auch offen für derartiges Neues sein. Das sind wir definitiv (noch) nicht. Denn im Gegensatz zu vielen anderen Ländern sind die Scooter in Deutschland noch verboten.

Wie man vom Gesetzgeber hört, sollen sie erst in den nächsten Monaten erlaubt werden. Jahre, nachdem sie in anderen Ländern bereits eingeführt wurden. Was die ökologische Mobilität angeht, hinken wir der Welt weit hinterher.

Hierzulande reden wir lieber davon, dass die Menschen mehr mit Bus und Bahn fahren sollen. Das ist ökologisch und daher löblich, aber wird von Bürgern auch als Verlust der individuellen Mobilität wahrgenommen. An diese jedoch haben wir uns durch den Gebrauch des eigenen PKW und Rades sehr gewöhnt. Und das sollen wir aufgeben und mit vielen anderen in einen Bus steigen? Dieser Gedanke hindert viele aktuell noch die neuen Formen der Mobilität zu nutzen. Mit dem Scooter nicht! Damit erhalten wir uns unsere individuelle Mobilität. Auch deshalb ist der E-Roller auf der ganzen Welt so beliebt und massenhaft verbreitet.

Bei uns dagegen wird so eine Mobilitätsinnovation erst einmal gebremst. Indem zum Beispiel ausführlich und allen Ernstes darüber diskutiert wird, ob man für so einen Roller einen Autoführerschein braucht. Weil: Da ist ja auch wie beim Auto ein Motor drin! Glücklicherweise hat der Verkehrsminister diesen Gedanken verworfen.

Wie groß das Potenzial des kleinen Scooters eingeschätzt wird, sehen wir auch daran, dass Start-Ups in mehreren Finanzierungsrunden bereits hunderte Millionen eingesammelt haben, um den kleinen Flitzer zu entwickeln und in aller Welt zu verbreiten.

Businessleute müssen vom Auto bis zur Gebäudetür nicht mehr schwitzend schwere Präsentationskoffer tragen. Schüler müssen keine schweren Ranzen mehr per pedes schleppen. Pendler können die letzten Meter vom Büro zur S-Bahn-Haltestelle schneller und einfacher zurücklegen. Und in der S-Bahn legen sie den Scooter einfach zusammen und nehmen ihn unter den Arm.

Wer die Welt vor der Klimakatastrophe retten möchte, sollte nicht nur demonstrieren (auch wenn das schon ein erster Schritt in die richtige Richtung ist!), sondern tatsächlich sein mobiles Verhalten ändern. Bis jetzt schleppen zum Beispiel noch Flotten von Müttern ihre Kinder im PKW vor die Tore der Schulen. Was, wenn die Kids alle mit dem Scooter kämen?  Was, wenn auch nur die Hälfte der Pendler in einem Umkreis von, sagen wir, 20 Kilometern das Auto bei schönem Wetter stehen ließen und mit dem Scooter ins Büro fahren würden?

Wie so oft ist auch beim E-Roller die Wirtschaft weiter als die Politik und die Gesellschaft: Es gibt seit längerem auch viele deutsche Start-ups, die fleißig E-Scooter produzieren und sie bislang in Zürich, Wien und Singapur verkaufen mussten, weil sie in Deutschland noch verboten waren/sind. Diese Firmen sitzen in den Startlöchern und warten nur darauf, dass sie auch hierzulande loslegen dürfen.

Einsteiger-Modelle sind bereits für 400 bis 500 Euro zu haben, wobei der Preis nach den Economies of Scale fallen dürfte, sobald die Verbreitung zunimmt. Auch die Reichweite der Scooter wird dank des technischen Fortschritts weiter zunehmen. Der E-Scooter ist sinnvoll, klimarettend, verkehrsentlastend, luftschonend – und: Er macht einfach Spaß!

Nicht nur, weil er uns unsere individuelle Mobilität erhält. Sondern auch: Dieses Fahrgefühl! Das Rumdüsen mit dem Scooter macht einfach Spaß. Nicht umsonst lieben Kinder den Roller. So wird der Umstieg auf ökologische Antriebe zu einem großen Fun Event. Und je mehr Freude das macht, desto mehr steigen um.

Nachdem der E-Roller bereits einen Großteil der Welt erobert hat, sollte er nun auch unser Land erobern!

2 Kommentare zu „Mit dem Scooter durch die Stadt

  1. Das es bei uns noch Start-Ups gibt , ist an sich schon ein Wunder . Ganz Deutschland besteht nur noch aus Verhinderungspolitik und Lobbyarbeit . Ganz Europa zieht demnächst an uns vorbei , weil Deutschland zu jeder EU-Regelung selber noch eine Regelung draufsetzen muss ! Ausser bei den Rollern 5 Jahre Verhinderung hat es ja z. B.: bei den Balkonkraftwerken genau so lange gedauert . Alles was nicht verhindert werden kann wird dann ebend gezielt durch Medien schlecht dargestellt und zerredet bis das nächste Aufhänge-Thema gefunden wurde ! Mündige Bürger die sich selbst informieren gibt es immer weniger , aber das scheint ja wohl gewollt , man beschäftigt den deutschen Michel mit Überregulierung und Kampf mit dem Amtsschimmel . In den Niederlanden kann man an ausgewählten Tankstellen seine Fahrzeuge An – und Ummelden , in Berlin bekommt man einen Termin beim Straßenverkehrsamt der zwischen 2 – 6 Wochen dauern kann ! Wenn wir so weiter machen ist auch z.B.: die Digitalisierung in Kenia vor uns abgeschlossen .

    1. Lieber Andreas!

      Ganz herzerfrischend, wie Sie Ihrem Ärger Luft machen. Hierzulande hatten die Institutionen schon seit jeher einen Hang zur Überregulierung. Und viel zu viele nehmen das pseudo-gelassen als „ganz normal“. Schön, dass Sie nicht dazu zählen und noch was dagegen zu sagen haben. Ich glaube, wenn das mehr tun würden, würde sich auch etwas ändern. Hoffen wir beide darauf.

      Mit freundlichem Gruß,
      Evi Hartmann

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