Die grüne Insel wird wirklich grün

Irland wird wegen der reichlich vorhandenen Landschaft „Die grüne Insel“ genannt. Jetzt soll sie auch im nachhaltigen Sinne grün werden: Irland möchte die Energiewende schaffen und das in den nächsten zehn Jahren bis 2030.

Ziel ist ein Anteil des Öko-Stroms von 70 Prozent. Aktuell liegt der Anteil der regenerativen Energien bei rund 30 Prozent; in etwa vergleichbar mit Deutschland. Die irische Regierung schreibt nun eine Konzession für die nachhaltige Erzeugung von 3.000 Gigawatt Strom aus. Wer das beste Angebot abgibt, darf diese Strommenge aus erneuerbarer Energie erzeuge. Eine Strommenge, die in Deutschland rund 1,3 Millionen Haushalte ein Jahr lang mit Strom versorgen könnte.

Erst einmal: Schön, dass man auch von den Bemühungen anderer Länder erfährt. Folgt man der öffentlichen Diskussion, könnte man den Eindruck bekommen, Deutschland sei das einzige Land, das sich mit der Energiewende abmüht. Nun also auch Irland.

In der ersten Runde der irischen Konzessionsvergabe geht es hauptsächlich um Onshore-Windräder, künftig sollen für weitere Vergaben auch Offshore-Windparks ausgeschrieben werden. In weiteren Paketen sollen insgesamt 10.000 Gigawatt bis 2030 ausgeschrieben und vergeben werden. Deutschland hatte früher mal ähnliche Ziele.

Damals wurden auch noch über tausend Windräder jährlich aufgestellt. Im letzten Jahr sank deren Anzahl auf etwas über hundert. Für die Windkraft-Industrie hierzulande wird ein ähnliches Firmen- und Jobsterben erwartet wie für die Solar-Branche, die heute ein Schatten ihrer selbst ist. Irgendwie schwant der irischen Regierung wohl ähnlich Desaströses.

Also will sie einen Teil der Erlöse aus der Konzessionsvergabe in einen Fonds einzahlen, dessen Gelder dann der breiten Öffentlichkeit zugutekommen sollen. Ein Schuft, wer Böses dabei denkt – zum Beispiel, dass es sich dabei um eine Art Bestechungsgeld für Blockierer und Bremser handeln könnte. Wobei es dazu gar nicht kommen muss: Irland ist sehr viel weniger dicht besiedelt als Deutschland und hat auch, als Insel, sehr viel mehr Küstenkilometer, die sich in menschenleeren Gegenden ohne größeres Aufsehen und Widerspruchsneigung (von Anwohnern) mit Windrädern säumen lassen könnten – mit der Betonung auf „könnten“.

Dass in Zusammenhang mit der Nachhaltigkeit derzeit noch die meisten Sätze im Konjunktiv gebildet werden müssen, ist ein so auffälliges wie tabuiertes Phänomen. Nachhaltigkeit scheint in der öffentlichen Diskussion vor allem in Form von Forderungen, Wünschen und (unverbindlichen) Zielen stattzufinden. Man stelle sich vor, ein Unternehmen würde mit Management by Konjunktiv geführt werden – unvorstellbar.

Die irische Regierung hat auch beschlossen, dass sie sich komplett aus Aktienanlagen von Unternehmen ausklinkt, die Energie aus Kohle, Öl oder Gas gewinnen. Hier tritt zum Konjunktiv die schiere Ungläubigkeit hinzu: Echt jetzt? Dann holen sich die Unternehmen ihre externen Finanzmittel eben per Anleihe und von anderen Investoren! Andererseits: Man sollte einer Regierung keine Symbolpolitik vorwerfen, wenn Symbole oft das einzige sind, zu denen sich der demokratische Konsens durchringen kann.

Was in Irland ebenfalls nachhaltiger werden soll, ist der Verkehr. Bis 2030 sollen alle neuen LKW und PKW emissionsfrei fahren. Ein klares Ziel. Wie es erreicht werden soll, ist weniger klar, aber auch das ist ein Zeichen der Zeit: Mit Zielformulierungen sind die Regierungen der Welt in den letzten 20 Jahren schnell bei der Hand gewesen, mit der Zielerreichung dagegen deutlich weniger. Wobei wir auch das keiner Regierung vorwerfen sollten: Auch wir Normalbürger setzen uns gerne Ziele – 3 kg Abnehmen, mehr Sport, mehr Zeit für die Familie, gesünder essen – die eine Mehrheit seit Jahrzehnten nicht erreicht. Und immer noch reden wir über Klimaziele, anstatt über Verhaltensziele: Wie können wir es uns schnellstmöglich abgewöhnen, uns ständig selbst ein Bein zu stellen? Wie können wir unsere allfälligen Handlungsblockaden abbauen? Das hört und liest man nirgends. Es ist gerade so, als ob die Psychologie nie erfunden worden wäre. Der Mensch blockiert sich selber, hat die Blockade verdrängt und die Verdrängung tabuiert. Die Klimamisere in einem Satz.

Schließlich möchte Irland auch die Sektoren-Kopplung vorantreiben. Das allerdings ist ein interessantes Konzept. Normalerweise werden Energie, Verkehr, Haushalte und andere Sektoren getrennt voneinander betrachtet und wursteln vor sich hin, als ob jeder von ihnen eine einsame Insel wäre. Koppelt man die Inseln jedoch zusammen, wird ein Schuh draus: E-Autos zum Beispiel (Sektor Verkehr) könnten die Solar- und Windenergie (Sektor Energie) speichern, die bei Sonnenschein und Wind produziert wird, aber derzeit nicht in ausreichender Menge für den Verbrauch in Haushalten (Sektor Haushalte) gespeichert werden kann.

Irland wird grün? Schön, auch mal von anderen Ländern zu hören. Diesen Gedanken weiter gedacht: Wie wäre es mit einer Art Green Champions League of Sustainability? Alle Länder spielen für die Nachhaltigkeit, die Tabelle wird wöchentlich veröffentlicht sowie die Rezepte der Spitzenländer, damit die Nachzügler deren Erfolgsrezepte transferieren und adaptieren können und mit deren Best Practices bald so nachhaltig werden können wie die Spitzenreiter. Wenn das seit Jahrhunderten weltweit für sämtliche Teamsportarten eine Erfolgsgarantie und ein Incentive par excellence darstellt, warum sollte das dann nicht auch für die Nachhaltigkeit den Ruck geben, der für die Klimarettung durch die Welt gehen muss? Klimarettung ist Teamsport.

10 jahre irisch sind ein strammes ziel, aber ist auch viel kleiner als dtld, weniger besiedelt, kann viel windkraft aufbauen, ist direkt am mehr, schön,  wenn die länder nach und nach solche zeile setzen – und sie auch erreichen. Wir werden’s erleben.

 

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